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Re: [FYI] DNS-Revolution durch die kalte Kueche



[directory service]
> Whenever you type something that's not a Web address, the browser 
> searches a directory of keywords on a Netscape server, and if it 
> finds such a keyword, it shunts you directly to what it deems the 
> appropriate site. For example, typing in "whitehouse" in the new 
> browser takes you to the official White House site, 
> "www.whitehouse.gov," not to the porn site. If no single site is 
> [...]
> Manche Leute haben angesichts der Trademark-Diskussion im 
> Zusammenhang mit dem DNS schon immer gejammert, ein Directory-Service 
> sei doch viel besser geeignet zum Abbilden kommerzieller Interessen 
> auf den Namensraum als das DNS, das aufgrund ganz anderer Praemissen 
> konzipiert worden sei.
> 
> Voilą, hier ist das neue System im Entstehen. Allerdings nicht per 
> RFC unter der Kontrolle irgendeiner wie auch immer gearteten 
> (Fach-)Oeffentlichkeit, sondern als kommerzielles Projekt eines 
> bestimmten kommerziellen Anbieters. Man wird sehen, was man davon 
> hat.
> 
> Die Unbeholfenheit des DAU wird hier wieder als Dreh- und Angelpunkt 
> instrumentalisiert, um ein lukratives Quasi-Monopol zu installieren.

Dass hier kommerzielle Interessen statt Gremiumsmonster die Entwicklung
weitertreiben, sehe ich gar nicht mal so sehr als Problem. Man mag z.B.
von HTML-Frames und Javascript halten, was man will, aber sie haben etwas
bewirkt. Andere standardisiert standardisierte Standards ;^) sind zum
Zeitpunkt der Ratifizierung nicht mehr den Baum wert, der zur Herstellung
des Druckpapiers gefaellt wurde.

Bedenklicher ist der Gegenstand selbst, ein Directory-Service. Was als
Unterscheidung von whitehouse.gov und whitehouse.com hier plakativ noch
als Fortschritt angepriesen wird, ist als "Selektionsinstrument" - oder
nennen wir es gleich wenig euphemistisch Zensurwerkzeug - par excellence
zu nutzen.

Denn wer waehlt die Keyword-URL-Assoziationen aus? Es ist ein Einfaches, auf 
diese Art und Weise ein Keyword wie "Sex" zu einer Seite ueber Bienen und 
Blumen umzulenken, oder bei "Betriebssystem" lediglich "Win95/98" als 
solches zu benennen (vielleicht, weil es da Firmen gibt, die hinreichend
viel Geld aus ihrer Kriegskasse zur Gehirnwaesche bereitstellen). 

Dann gibt es noch die auch bereits bei herkoemmlichen Suchmaschinen auf-
getretenen Streitigkeiten um die Reihenfolge von Suchergebnissen, etwa
dann, wenn bei einer Produktanfrage zuerst der boese Konkurrent genannt
wird (und da ist immer einer im Nachteil, wenn zwei genannt werden).

Alle paar Tage schmeisst mir mein Procmail eine Junkmail in den Schredder,
wo man mir gegen Kreditkartenummer anbietet, meinen WWW-Page-URL in zig
Dutzend Suchmaschinen zu pushen. Praesenz ist augenscheinlich bereits
jetzt wesentlich (zumindest versucht man dies glauben zu machen). In Zukunft 
wird man sich, dank DAU-freundlicher Directory-Services, Praesenz ungeheuere
Summen kosten lassen, weil Wissen im Internet, was nicht sichtbar oder
auffindbar ist, nicht existiert *). Altawixa ist mir als Searchengine wesentlich
lieber als die Directory-Service-Vorstufe Yahoo, selbst wenn ich bei ersteren
beim ersten Versuch von Millionen Hits erschlagen werde.

*) Um kein Missverstaendnis aufkommen zu lassen: wer glaubt, auf diese Weise
den Schmutz im Internet loszuwerden, sollte mal gegen Mitternacht im Fernsehen
die Werbethemen ansehen und sich die Frage nach den Kosten pro Werbeminute 
stellen. Insofern ist obiger Bienen-Blumen-URL unrealistisch. Und closed
usergroups wie KiPo- oder Neonazi-Ringe benutzen eh schon jetzt keine
offensichtlichen Verweise. Zuendel ist da vergleichsweise triviale
Alibi-Propaganda fuer die Medien, wieder eine Ablenkung durch Brot und
Zirkusspiele.

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