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Re: Otto Schily - ein wuerdiger Kanther-Nachfolger.



Axel:
(...)
>Zu Hartmut Pilch ist zu sagen, dass von ihm hier etwas
>durcheinandergebracht wird, was man tunlichst auseinanderhalten
>sollte:
>
>a) Grundrechtseinschraenkung als "Notwehr" des Staates gegen solche
>Kraefte, die die Staatsordnung unterminieren wollen - Hitler-Syndrom,
>und
>
>b) Grundrechtseinschraenkung aufgrund eines Staatsverstaendnisses,
>das sich immer mehr vom Schutz der Staatsbuerger durch repressive
>Verfolgung bereits geschehener Verbrechen loest und immer mehr dazu
>tendiert, praeventiv noch gar nicht geschehene Verbrechen verhindern
>zu wollen.
(...)
Danke fuer die klare Trennung.

Ich moechte an das Extrem erinnern, das im 1000jaehrigen
Reich eingefuehrt wurde.

Es heisst "Willensstrafrecht".
Dabei wird nicht eine Tat, sondern bereits der Wille
dazu bestraft.  Aehnliche Tendenzen beobachte ich aktuell.

Ich habe diverse Zeitungsartikel aus der damaligen Zeit
gelesen, in denen zB der damalige Justizminister diese
Lesart oeffentlich verkuendet hat, zB im Voelkischen
Beobachter. Schnell fand ich eine Sekundaerquelle, die
zitiert 1935 Dahm mit "Verrat und Verbrechen" in der
Zeitschrift fuer die gesamte Staatswissenschaft, S. 261.

Dort heisst es: "die Verteidigungslinie vorverlegen will,
nicht abwarten will, bis der Verbrecher seine Absicht
verwirklicht".

Aus meinem Gedaechtnis heraus schrieb der damalige
Justizminister in den Zeitungen, dass nicht mehr die
Tat allein bestraft wird, sondern bereits der Wille
dazu. Wohlgemerkt: 1935 und dieses Datum ist mir
wichtig. Nach meiner Beurteilung einer Gesellschaft
war die Einfuehrung des Willensstrafrechtes einer
der wichtigen Rechtsakte, die das NS-Regime zum
Verbrecherregime machten.

Es ist unter besser als Helmut Schmidt aufgeklaerten
Menschen sehr wohl diskutierbar, ab welchem Zustand
eines Staates das Toeten von Figuren wie Schicklgruber
sittlich geboten ist.

Dazu muss ein Grad von Justizverbrechen erreicht
sein, demgegenueber der Tabubruch Selbstjustiz
und Toetung eines Staatsoberhauptes angemessen ist.

Mit der Einfuehrung des Willensstrafrechtes wurde
1935 eine hohe Huerde in diese Richtung ueberschritten.

Vor diesem historischen Rueckblick beobachte ich
kulturblinde Trottel, die heute in die gleiche Falle
tappen. Aber ich beobachte auch die Fallensteller.
Schily gehoert fuer mich heute in die Reihe der
Fallensteller in diese Richtung.

Ich  fand:
http://www.rewi.hu-berlin.de/HFR/9-1996/Drucktext.html

Prof. Dr. Gerhard Wolf:
Befreiung des Strarechts vom nationalsozialistischen Denken?

Das Ding ist lesbar. Ich kenne den Autor als "rechten Knochen",
der durch Klage den Asten das allgemeinpolitische Mandat
nahm und der vorher mit mir in einer Klasse war. Da hat
er unseren Gemeinschaftskundelehrer wegen Verbreitung
verfassungsfeindlicher Ideen beim Direktor angezeigt (really),
weil der das "Kommunistische Manifest" im Unterricht
behandelte. Nur zur Klarstellung, dass mich mit Wolf
ideologisch nicht viel mehr als gewisse Grundwerte,
von denen er inzwischen ein paar begriffen zu haben
scheint, verbinden.
Ich habe ihn seit der Schule nicht mehr getroffen.

Auch Wolf zitiert Dahm und formuliert im Kontext:

"Geht man von einem taeterstrafrechtlichen Ansatz aus,
kommt es garnicht mehr darauf an, ob jemand ein
Verbrechen begeht oder versucht, schon die Planung einer
Straftat beweist, dass er bestraft gehoert. Entscheidend
ist, ob er ein Verbrechertyp ist oder nicht. DAHM schrieb
1934 zu der Frage, ob man Diebstahl annehmen muesse,
wenn die Hitler-Jugend einer katholischen Jugend-
Organisation die Fahne entreisst und verbrennt: >Wir
nehmen keinen Diebstahl an, weil Dieb nicht ein jeder ist,
der Žeine fremde bewegliche Sache einem anderen in der
Absicht wegnimmt, dieselbe sich rechtswidrig zuzueignenŽ,
sondern nur, wer seinem Wesen nach Dieb ist<."

(Dahm, Verbrechen und Tatbestand. Grundlagen der neuen
Rechtswissenschaft. Berlin 1935, S.101ff zit. nach Wolf)

Und jetzt noch mal ueber Hubbert nachdenken.
Und ueber das "gesunde Volksempfinden" bei KiPo
mit dem Verbot, die Beweismittel zu pruefen.

wau

--
The `noosphere'..title..is the territory of ideas.. 13. Noospheric
Property and the Ethology of Territory..Property is an abstraction of
animal territoriality, which evolved as a way of reducing intra-species
violence. http://www.earthspace.net/~esr/writings/homesteading/