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Re: [FYI] Microsoft kooperiert mit Fraunhofer-Institut Darmstadt



Neko:
> Hi Holger,
> 
> On Tue, Dec 08, 1998 at 10:57:39AM +0100, Holger Veit wrote:
> [..]
> > dem Big Bang seinen Arsch zu retten oder seine Schaefchen ins Trockene zu 
> > bringen. Mit dem ausgestreckten Finger auf diese boesen FhGler zu zeigen,
> > die genau dasselbe tun muessen (naemlich ihren Arsch zu retten, damit ueber-
> > haupt noch irgendwas an Forschung gemacht werden kann), was man selbst tut,
> > ist bigott.
> 
[...Open Source+Vermarktung, okay...]

> Aber mir gibt auch keiner Steuergelder dafuer, dass ich mich und ein paar
> andere hinsetzen kann und damit irgendwelche lustigen tollen
> Forschungsprojekte zu basteln. Im Gegenteil, sobald ich jemandem Arbeit
> geben will, oder selbst aktiv werden will, kommt der Staat und haelt die
> Hand auf.

Hmmm. Bist Du bei allem so kritisch, oder ist das Problem nicht eher der
Neid der Habenichtse (entschuldigung), um es auf den Punkt zu bringen?
Beispiel: Militaer, um ein weiteres heisses Eisen anzupacken: Mit dem
Etat, den die Bundeswehr jedes Jahr allein fuer den Ersatz und Erhalt
von altem Ruestungsmaterial (Waffen, Munition, Panzer, Ausruestungs-
gegenstaende, aber auch verschlissene Gruenzeug-Hemden und -Hosen) ausgibt,
koennte man problemlos den Forschungsetat von etlichen KMUs bestreiten.
Wenn man die Ausgaben von spektakulaeren Waffensystemen (Tornado, Jaeger 2000
etc.) dazu rechnet, wird es noch irrsinniger. Und das, wo es so friedlich in 
Mitteleuropa ist wie noch nie. Kein Wunder, dass die vielen schoenen Spiel-
sachen und Boeller anderswo ausprobiert werden muessen.
Beispiel 2: Jeder deutsche Bergmann kostet den Staat etwas mehr als 1 Million
Mark per anno an Subventionen. Die Subventionen zum Vernichten von Milchseen,
Obst-, Butter- und Schweine-Gebirgen an die EU gehen auf keine Kuhhaut - so
grosse Kuehe kann noch nicht mal die Genforschung heranzuechten.

Das Problem bei diesen Beispielen ist: es ist niemand direkt betroffen (im
Gegenteil, es gibt sogar unzaehlige Nutzniesser) - es interessiert sich keine
Sau dafuer. Obwohl es um wesentlich hoehere Betraege geht. Der Punkt ist
eine Sankt-Florians-Variante: es darf ja ruhig ueberall gezuendelt werden,
aber wenn mein Haus dran ist... Wer der Brandstifter ist, ist da ziemlich
egal. Oder mehr noch: ich zahle ja ruhig fuer die Brandstiftung, wenn
vielleicht auf diese Weise auch mal ab und zu die boese Konkurrenz 
abgefackelt wird. Es ist jetzt nur unschoen, dass man eifrig mit in 
den Pott eingezahlt hat und nun feststellen muss, dass der eigene Plan
da nicht aufgeht.

> Ich finde das mehr als nur ein bisschen ungerecht. Forschung ist eine
> Sache, die gut und wichtig ist und fuer die Investition nicht schade ist.
> Wenn aber davon meine Konkurrenz gesponsort wird, dann reagiere ich
> saeuerlich.

Hmmm. S.o. Wuerdest Du statt Networking Dich voll auf das Merchandising von
Pinguinen konzentrieren, waere damit die Konkurrenz weg und alles fuer Dich
gegessen? Siemens und M$ verkaufen keine Linux-Pinguine!

> Alles in allem sollte man in solchen Mischwirtschaften sauber trennen, ob
> steuerlich finanziert, oder wirtschaftlich finanziert wird (wenn Siemens
> daher kommt und sagt: "Hier, ich gebe Euch Geld, dafuer bekomme ich von
> Euren Werksstudi-Horden ein paar fuer das Projekt XYZ" ist das auch wieder
> ok. und das Ergebnis gehoert quasi Siemens.)
> 
> Wird aber eine Abteilung aus lauter Forschungsdrang an ein neues Projekt
> gesetzt, was nicht voll von der Wirtschaft finanziert wird, dann will ich
> zumindest das Ergebnis sehen und nicht noch dafuer zahlen, dass ich es
> nutzen darf und nicht verbessern.

Was ist das Ergebnis eines Forschungsprojektes? Doch nicht immer ein
vermarktungsfaehiges Produkt. Anwendungsorientierte Forschung ist ein
Oxymoron. Wenn wirklich Forschung betrieben wird, dann muss man in Kauf
nehmen, dass 90% aller Projekte in den Sand gesetzt werden. Wenn man vorher
wuesste, ob etwas geht oder was dabei rauskommt, hat man Produktentwicklung,
nicht Forschung. Was Du erwarten kannst, sind ein paar wissenschaftliche
Papiere und Abhandlungen und einen Prototyp, den man bestaunen kann, und
dann wegwirft und mit der hoffentlich neuen Idee, die rausgekommen ist,
von Grund auf neu konzipiert. Wo sich die FhG aufhaelt, ist die Grauzone
zwischen Grundlagenforschung einerseits und Anwendungsforschung und 
Produktentwicklung auf der anderen Seite. Je nach Pendelausschlag trifft
es irgendjemanden; Unis oder Industrie. Wer hat denn Zeter und Mordio
geschrien, dass aus der Forschung nix Verwertbares rauskommen wuerde? Die 
Industrie und da besonders die KMUs (schon damals neidisch auf die grossen
Geldtoepfe schielend, die von anderen angegraben wurden) haben doch mehr
Anwendbarkeit eingefordert. Jetzt stellt man fest, dass die Produkte aus
Ideen, die damals von der Industrieentwicklung verschlafen wurden, anderswo
hergestellt werden. Diese Rechnung wird jetzt praesentiert. Dass das zufaellig
nun auch noch von Steuern bezahlt wurde, ist irrelevant. Es kann keiner
behaupten, dass eine Umverteilung der Mittel in der Vergangenheit bessere
Resultate gezeitigt haette; es waeren nur andere Muender gestopft worden.
Darum geht es, um nichts anderes.

-- 
         Dr.-Ing. Holger Veit             | INTERNET: Holger.Veit"at"gmd.de
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