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Re: [FYI] UNESCO: Provider sollen zensurieren



Hartmut,

ich habe den ganzen Thread heute noch nicht gelesen, aber Du kennst meine 
Vorliebe fuer historische Exaktheit. :-)#

On Thu, 21 Jan 1999, PILCH Hartmut wrote:

> > Wie waere es mit der Theorie der Khmer
> > Rouge? Der Taliban? 
> 
> Meistens legitimiert sich ein Gesellschaftssystem durch seinen
> organisatorischen Erfolg.  Die Taliban haben den Widerstand gegen die
> Sowjetunion organisiert, wie niemand anders das konnte.  Ob sie nach deren
> Abzug noch etwas sinnvolles leisten koennen, ist zu bezweifeln.

Das ist so nicht korrekt. Die Sowjetarmee wurde nicht von den Taliban 
verjagt, sondern von den Mujahedin. Das sind SEHR unterschiedliche 
Gruppen. Die Taliban gab's damals noch gar nicht. Zu den Mujahedin 
gehoerten auch Gruppen, die heute mit den Taliban zutiefst verfeindet 
sind, z.B. die Hazara, die Usbeken im Norden oder die Tadschiken (Ahmed 
Schah Massud). Die Taliban sind im wesentlichen Paschtunen, die damals 
auch zu den Mujahedin gehoerten und jetzt versuchen, ganz Afghanistan zu 
erobern. Dort wollen sie dann auch ihre eigenen Spielregeln, den 
Pakhtunwali angereichert mit einem primitiven islamischen Fundamentalismus, 
durchsetzen.
Die Legitimation der Taliban ist keineswegs deren organisatorischer 
Erfolg oder der Islam, sondern ganz einfach die gute, alte AK47.
Dort zeigt sich naemlich, dass jede noch so haarstraeubende Ideologie 
gepaart mit uferloser organisatorische Inkompetenz sich durchzusetzen 
vermag, wenn sie erstens ausreichend brutal ist und zweitens von aussen 
mit grossen Mitteln unterstuetzt wird. Die Taliban sind  die 
besonderen Lieblinge der USA und deren HiWis vom pakistanischen 
Geheimdienst. (Die Liebe ist SEHR einseitig...)
Die "Theorie" der Taliban, um obige Frage zu beantworten, ist simpel:
Macht fuer die eigene Gruppe.
Alles andere ist Zuckerguss zur Motivation der simplen Gemueter, die man 
als Kanonenfutter braucht, und aus der Geschichte sattsam bekannt.

>Jede Sichtweise muss sich an der Praxis, am Erfolg ihrer Umsetzung,
>messen lassen, nicht an ihren eigenen Praemissen.

Wie definierst Du hier "Erfolg"?
Stalin z.B. hatte durchaus grossen Erfolg: Kaum Kriminalitaet, enorme 
Steigerung der Industrieproduktion, Ausweitung des Herrschaftsbereich. 
Trotzdem bin ich von Stalinismus nicht so arg begeistert.

Lieber ein paar Pornos im Internet als die gottgefaellige Ordnung der 
Taliban (oder Erzbischof Dybas), die Sauberkeit Singapur oder Stalins 
Wachstumsraten.
Ich muss mich nicht ueber alles aufregen, was ich persoenlich nicht gut 
finde (Pornos, Volkstuemliche Musik, Talkshows,...).
Solange etwas nicht gegen meine grundlegenden Moralvorstellungen 
verstoesst (KINDERPORNOs) oder mich nicht direkt stoert (laute Beschallung 
der ganzen Strasse mit "Gildo hat Euch lieb" um drei Uhr nachts), soll 
bitte jeder nach seiner Facon gluecklich werden. Die Freunde des 
"einhaendigen Surfens" sollen es. Wer Pornos nicht mag, soll sie sich 
einfach nicht anschauen und nicht ein generelles Verbot fordern.
Solange mir nicht beim Ausdrucken einer gerade  aus dem Internet 
geladenen Tabulatur fuer meine Laute ein Bild  Analverkehr betreibender 
Maenner entgegenpurzelt, stoeren mich die Pornos wenig.

khoda hafez,
Rudi
(Ex-Shinwari aus Nasir Bagh)