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Re: Die Zukunft des Internet-Musikmarktes



On Mon, 15 Mar 1999, Roland Dieterich wrote:

> Hartmut Pilch schrob:
> 
> > Zweifellos ist die Schallplatte ein Symptom
> > Kulturverfalls durch fortschreitende Informationstechnik.
> 
> Au weia.
> 
> Demnach wäre Jazz keine der bleibenden kulturellen Errungenschaften des
> 20. Jahrhunderts, sondern Kulturverfall. Ohne Schallplatte und Radio
> wäre das nämlich bis heute lokale Zirkusmusik in einer ziemlich kleinen
> Region im Süden der USA.

Jazz hat sich zunaechst ohne Schallplatte verbreitet.  Wie weit, koennen
wir nicht wissen.  Louis Armstrong ist nicht ein durch die Schallplatte
sondern aus einem bestimmten Milieu geborenes Talent. 

Kopiertechnik sorgt dafuer, das in Milieus, wo frueher jeder ein
Musikinstrument lernte (z.B. laendliches Deutschland), heute nur noch
Berieselung aus der Konserve erfolgt.   

> Daß "klassische" Musik, entstanden als elitär angelegte,
> bildungsbürgerliche Kopie adliger Lebensweise, unter den Bedingungen von
> Popularisierung durch preiswerte Kopierbarkeit ein Problem hat, kann man
> kaum mit "Kulturverfall" beschreiben.

War Beethoven ein Aristokrat?
Der Unterschied zwischen "klassischer" und der meisten anderen Musik, ist:
das eine ist Musik zum Hinhoeren, das andere zum Berieseln.

Ein weiterer Grund warum klassische Musik fuer den werbegesponsorte
Kulturbetrieb ungeeignet ist:  ihre Grundstimmung ist erhebend,
quasi-religioes.  Deshalb haben viele Komponisten in Messen und Requiems
das beste geschrieben.

Uebrigens ist natuerlich auch klassische Musik, aehnlich wie Jazz, durch
die Schalplatte verbreitet worden.  Das aendert aber wenig an dem Verfall
der aktiven Kulturfaehigkeiten und des natuerlichen Milieus, das den
Lebensunterhalt des Musikers sichert. 

--
Hartmut Pilch