[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]
Meinungsfreiheit/Providerhaftung
- To: "'debate@fitug.de'" <debate@fitug.de>
- Subject: Meinungsfreiheit/Providerhaftung
- From: Johannes Ulbricht <Johannes_Ulbricht@csi.com>
- Date: Tue, 13 Jul 1999 09:40:05 +0200
- Comment: This message comes from the debate mailing list.
- Reply-To: "Johannes_Ulbricht@csi.com" <Johannes_Ulbricht@csi.com>
- Sender: owner-debate@fitug.de
Ich hab grade einen Aufsatz von Stefan Freytag in MMR (Multimedia & Recht)
1999, 207ff gelesen. Dort vergleicht er den Digital Millenium Copyright Act
mit der europaeischen Rechtslage.
Interessant ist vor allem, was nach dem amerikanischen Gesetz passiert,
wenn jemand den Provider anschreibt und sagt, er soll eine Seite wegen
Urheberrechtsverletzungen sperren:
- Er muss genau bezeichnen, was seiner Meinung nach urheberrechtswidrig ist
und schriftlich versichern, dass er auch wirklich von der
urheberrechtswidrigkeit ueberzeugt ist.
- Wenn der Provider daraufhin sperrt, macht er sich gegenueber dem
gesperrten Nutzer nur dann nicht schadensersatzpflichtig, wenn er diesem
die Sperrung/Loeschung sofort mitteilt.
- Wenn der Nutzer als Reaktion hierdrauf schriftlich versichert, dass er
das Material fuer rechtmaessig haelt und bereit ist, dies von einem
US-Gericht ueberpruefen zu lassen, muss der Provider die Seite wieder
freischalten. Dann wird der Konflikt in dem Verhaeltnis ausgetragen, wo er
hingehoert, naemlich zwischen dem Nutzer und dem, der die Inhalte weg haben
will.
Finde ich vorbildlich (d. h. eigentlich eher selbstverstaendlich). Der
Nutzer behaelt seine Grundrechte und der Provider wird nicht mit
hineingezogen. Kostet nix, d. h. ist wirtschaftsfreundlich UND
human(istisch).
Ansonsten habe ich mir in den letzten Tagen diverse Aufsaetze in MMR zur
E-Commerce-Richtlinie und zur Providerhaftung durchgelesen, und in keinem
war das Problem der Aushoelung der Meinungsfreiheit auch nur ansatzweise
erwaehnt, ebensowenig wie in den Berichten der Enquete-Kommission usw.
Also: Entweder geht die Rechtswissenschaft stark an den realen Problemen
vorbei, oder das Thema wird totgeschwiegen, beides nicht schoen.
Allerdings erlaubt es die zukuenftige europaeische Rechtslage mit ein wenig
Rumtrixen vermutlich, ein aehnliches Ergebnis herbeizufuehren.