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Meinungsfreiheit/Providerhaftung



Ich hab grade einen Aufsatz von Stefan Freytag in MMR (Multimedia & Recht) 
1999, 207ff gelesen. Dort vergleicht er den Digital Millenium Copyright Act 
mit der europaeischen Rechtslage.

Interessant ist vor allem, was nach dem amerikanischen Gesetz passiert, 
wenn jemand den Provider anschreibt und sagt, er soll eine Seite wegen 
Urheberrechtsverletzungen sperren:

- Er muss genau bezeichnen, was seiner Meinung nach urheberrechtswidrig ist 
und schriftlich versichern, dass er auch wirklich von der 
urheberrechtswidrigkeit ueberzeugt ist.

- Wenn der Provider daraufhin sperrt, macht er sich gegenueber dem 
gesperrten Nutzer nur dann nicht schadensersatzpflichtig, wenn er diesem 
die Sperrung/Loeschung sofort mitteilt.

- Wenn der Nutzer als Reaktion hierdrauf schriftlich versichert, dass er 
das Material fuer rechtmaessig haelt und bereit ist, dies von einem 
US-Gericht ueberpruefen zu lassen, muss der Provider die Seite wieder 
freischalten. Dann wird der Konflikt in dem Verhaeltnis ausgetragen, wo er 
hingehoert, naemlich zwischen dem Nutzer und dem, der die Inhalte weg haben 
will.

Finde ich vorbildlich (d. h. eigentlich eher selbstverstaendlich). Der 
Nutzer behaelt seine Grundrechte und der Provider wird nicht mit 
hineingezogen. Kostet nix, d. h. ist wirtschaftsfreundlich UND 
human(istisch).
Ansonsten habe ich mir in den letzten Tagen diverse Aufsaetze in MMR zur 
E-Commerce-Richtlinie und zur Providerhaftung durchgelesen, und in keinem 
war das Problem der Aushoelung der Meinungsfreiheit auch nur ansatzweise 
erwaehnt, ebensowenig wie in den Berichten der Enquete-Kommission usw. 
Also: Entweder geht die Rechtswissenschaft stark an den realen Problemen 
vorbei, oder das Thema wird totgeschwiegen, beides nicht schoen.

Allerdings erlaubt es die zukuenftige europaeische Rechtslage mit ein wenig 
Rumtrixen vermutlich, ein aehnliches Ergebnis herbeizufuehren.