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Re: Mehr Ueberwachungskameras in der City,



In schulung.lists.fitug-debate you write:
>Ich
>gehe mal davon aus, daß jeder Mensch, der ein oder mehrere Male mit Gewalt
>und/oder mit Gewaltandrohung zur Kasse gebeten worden ist, solche Maßnahmen
>unterstützt *).

>*) ich weiß, wovon ich rede!

Wie, lieber Experte, glaubst Du denn, wird Dir eine Kamera zu
Hilfe kommen, während Dir ein Trupp von Glatzen aufs Maul haut?
Das operative Problem bei Kameraüberwachung ist doch, daß es
sich bei der kriminalistischen Arbeit damit im Normalfall nur um
post-mortem Debugging handeln kann. Selbst wenn jemand die
Aktion life mitbekommt, dauert es doch bei allen wirklich
wichtigen Verbrechen zu lange, die benötigten Kräfte an den Ort
des Geschehens zu bringen - es sei denn, sie wären eh schon in
der Nähe, aber dann hätten die auch keine Kameraüberwachung
gebraucht, um den Vorfall zu bemerken.

Das deckt sich ja auch mit den Erfahrungen, die mich solcher
Überwachung gemacht werden: Man verzeichnet einen Rückgang von
Delikten, die im Prinzip keinen interessieren - Simon Davies
brachte das Beispiel vom Pinkeln in den Stadtpark und den
umherlungernden Pennern, die illegal Alkohol in der
Öffentlichkeit konsumieren.


Anders herum kehrt eine dauernde Überwachung aber den
gesellschaftlichen Default um: Kameraüberwachung impliziert, daß
die Mehrzahl der Benutzer einer öffentlichen Fläche böses im
Schilde führt und daher eine dauernde, großflächige Kontrolle
aller Benutzer notwendig oder lohnend ist. Der Staat spricht
seinen Bürgern mit einer Kameraüberwachung das Mißtrauen aus.
Und das ist genau das Problem, gegen das sich die Personen
wehren, die Du hier als "Paranoiker" verkennst. Es geht nicht um
Paranoia, sondern um die Vergiftung des öffentlichen Klimas
durch die Umkehrung des Verdächtigungsdefaults durch den Staat.

Kristian