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Re: "Alice im Bücherland" - c't befürwortet Zensur!





Hallo Gunnar,

On 13.09.99 to subject ""Alice im Bücherland" - c't befürwortet
Zensur!", you wrote:

>Darüberhinaus ist die c't aber auch auf die glorreiche Idee gekommen,
ein
>verbotenes Buch zu bestellen (als Testobjekt diente van Helsing's
>"Geheimgesellschaften"). Aber noch nicht genug damit, dass hier
überprüft
>wurde, ob sich die Buchhändler schön brav an die deutsche Zensur
halten -
>nein, es wurde auch noch erwartet, dass die Buchhändler die (in
>Deutschland erlaubte!) englische Übersetzung des Buches in
vorauseilendem
>Gehorsam ebenfalls nicht liefern

Mmh, das berührt eine grundsätzliche Fragestellung.
Ist es richtig, nationalsozialistisches Schriftum, bzw. Schrifttum, das als
der "freiheitlich-demokratischen" Grundordnung feindlich gegenüberstehend
eingestuft wurde, zum Verkauf, zur freien Verbreitung zuzulassen, oder
müssen diese Schriften zur Abwehr der Gefahr für die
"freiheitlich-demokratische" Grundordnung oder wegen des Gebrauchs ls
Mittel zur Volksverhetzung verboten werden.
Stellen diese gesetzlichen Regelungen Zensur dar, oder nicht ?
Der Buchhändler muß sich an bestehende Gesetze halten, mag er diese
Fragen für sich selbst mit Nein oder Ja beantworten.
Ist ein Buch verboten, darf er es (aus rein wirtschaftlichen Erwägungen)
nicht liefern. Punkt.
Wenn eine englischsprachige Ausgabe zulässig ist, darf der Buchhändler
liefern - die Aussagen im Artikel stellen Meinungsäußerungen mehrerer
Autoren der C´t dar, gut ist ihr Recht, wieso sollte daran etwas falsch
sein, ich stimme damit nicht überein (sieh unten).
Ich stufe Indizierungen und Verkaufsverbote als negativ ein, selbst wenn es
sich um "Mein Kampf" handelt.
Wenn in Deutschland solche Schriften verboten sind, besorgen sich die
rechtsradikalen Kreise die Titel aus anderen Ländern oder drucken sie
schwarz nach.
Man schränkt also nur den Verbreitungsgrad ein.
Ausserdem bin ich der Meinung, dass Originaltexte dazu geeignet sind,
über Beweggründe und Ziele verfassungsfeindlicher Organisationen
aufzuklären, als wenn sie gar nicht existieren, mal vom "Reiz des
Verbotenen" ganz abgesehen.
Man kann ja begleitende oder kommentierende Titel den Schriften
hinzustellen, oder noch besser im Doppelpack verkaufen, die kommentierten
Gesamtausgaben finde ich auch überflüssig.
Wenn sich "gesamtgesellschaftliche" Prozesse abspielen, die zu mehr
faschistoiden/faschistischen Überzeugungen führen oder
verfassungsfeindliche Entwicklungen begünstigen (wie der Fall der 5%
Hürde in NRW, Kombinationen von Verschärfung der Bedingungen für
Arbeitslose, steigende Arbeitslosigkeitsquote und ausländerfeindliche
Unterströmungen und Äußerungen in den "Volks"-Parteien) und dagegen
nichts unternommen, bzw. populistsich noch angeheizt wird, dann nüzen
solche Verbote überhaupt nichts.
Für ein paar Jahre "Education" nach Kriegsende, Geschichtsunterricht und
ein paar Verbote - damit ist es nicht getan.

Ciao
Kai