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Re: [FYI] IBM-Chef Staudt: In Kundendaten steckt Erfolgspotenzial



On Tue, Sep 28, 1999 at 04:43:34PM +0200, Thomas Jäckel wrote:
> Joerg-Olaf Schaefers schrieb:
> 
> > http://www.heise.de/newsticker/data/cp-28.09.99-001/
> > "Die Flut der  Werbebotschaften im Internet und
> > in den Briefkästen wird in Zukunft noch zunehmen. Doch sie
> > werden  persönlicher werden", sagte Staudt der Nachrichten-
> > agentur dpa. [...]
> 
> Diese Tatsache fordert geradezu effektives Marketing heraus- also je
> mehr ich über meinen Kunden weiß, je besser kann ich mein Geld in
> gezielte Werbung investieren.
> Der Response auf normale, wenig gezielte Brief-Werbung liegt meist unter
> 1%.
> Mit gezielter Ansprache, potentiell interessierter Kunden lassen sich
> momentan Quoten bis zu 5% erreichen. Wie sehen wohl die Zahlen bei
> Email-Werbung aus?

Ich schaetze mal, derzeit (mit Giesskannenprinzip) wird die Response noch 
nicht mal im Promillebereich liegen, und je mehr richtiger Muell (Adressen-
haendler, Sexangebote, auslaendische Services) in die Mailboxen der User
schwappt, um so schneller wird die noch gutwillige Klientel, die
jetzt noch via Katalog bei Qualle und Co bestellen, generell vergrault
werden. Wenn ich mir einen solchen Katalog ins Haus schicken lasse oder etwa
bei Amazon durch das Buchangebot wuehle, bin ich mir ueber ein potentielles
Interesse am Kauf bewusst. Die Wahnvorstellung der Werbewirtschaft liegt
darin, dass sie glaubt, man koenne ein unbewusst vorhandenes Interesse,
resultierend aus der Zugehoerigkeit zu einer geeignet selektierten Ziel-
gruppe, ausgraben (data-"mining") und wecken, in dem sie mich zielgruppen-
spezifisch nur lang genug noetigt. Das ist extrem kurzsichtig gedacht -
ich lasse mich vielleicht einmal/zweimal ueberumpeln, werde dann mehr oder
weniger schnell feststellen, was ich da fuer Mist gekauft habe ohne darueber
nachzudenken, und werde es in Zukunft lassen. Dieselbe Erfahrung werden die
engagierten Wellenreiter-Kleinfirmen machen, die, bar jeder Internet-Erfahrung
sich fuer ein paar 100$ eine Million Junk-Adressen zum Bewerben ihrer 
vielleicht durchaus serioesen Prdukte aufschwatzen lassen, und sich nach dem
Spam Hunderte von Beschimpfungen und Drohungen genervter User via genannter 
Telefonnummer/Adresse gefallen lassen muessen.

Das Geschaeft funktioniert derzeit nach einem Schneeballprinzip - die
Zahl der Internetnutzer nimmt exponentiell zu - die der Internetgefrusteten
allerdings ebenso. Die Chance ist gut, dass hier im Keim durch wenige 
Allmende-Zertrampler der gesamte mutmassliche Markt auf lange Sicht erst
mal zerstoert wird. Darum sollte der Werbewirtschaft als Allerersten ueberhaupt
daran gelegen sein, dass Spamming verboten und bestraft werden sollte und 
eher Werbung auf ausdruecklichen Wunsch betrieben wird. Bei der Briefkasten-
werbung versteht man die Robinsonliste und den "Keine Werbung"-Aufkleber;
bei der Fernsehwerbung unterliegt man immer noch dem Irrglauben, dass ich
ein etabliertes Produkt deswegen kaufe, weil es penetrant waehrend zer-
stueckelter Filme beworben wird. Beim Internet ist man drauf und dran, diesem
Irrglauben noch eins mehr draufzusetzen: wenn ich mir ein Produkt kaufen
will, finde ich in der naechsten groesseren Stadt genuegend Geschaefte, die
mir eine Auswahl bieten. Ich brauche nicht z.B. Laserdruckertoner in Colorado
ordern, wo sie 5 Cent billiger sind. Ich werde aber auch andererseits nicht
direkt zum lokalen Haendler rasen, der mir einen Discount von 2 Mark
bietet, wenn ich noch heute zu ihm komme.

Freilich ist es in gewissen Gesellschaftsschichten ein Sport geworden, am
Montag mit dem Werbeprospekt zu Aldi zu gehen und dort gerade die billigere
Butter und beim Konkurrenzdiscounter die billigere Marmelade zu kaufen; der
Aufwand, sich so seinen Kuehlschrank kostensparend zu fuellen, ist aber 
angesichts der Prospekte in meinem Briefkasten bereits jetzt extrem hoch.
Wenn ich bei der erwaehnten 18jaehrigen Tochter dann die personalisierte
Reklame der 1000 Gebrauchtwagenhaendler der naeheren Umgebung in der Mailbox
zu vergleichen habe, dann werde ich binnen kuerzester Zeit eine neue
Tastatur benoetigen, mit verstaerkter 'Delete'-Taste. Die wird mir von 100
Computerfachhaendlern guenstig angeboten werden. Und den Gebrauchtwagen
kaufe ich dann beim bekannten Autohaendler, mit dem ich in der Eckkneipe
ab und zu einen trinken gehe...

> > "Die Überflutung mit E-Mails und Briefen sei ein Problem,
> > dem man sich stellen müsse. "Wenn jemand meine Angebote nicht
> > will, soll er anrufen, und dann lass ich es."[...]
> 
> Warum taucht diese Meldung jetzt auf?
> Gibt es irgendeinen Bezug?

IBMs eBusiness-Kampagne? Scheint trotz grossem Werbebudget wohl doch bislang
nicht dazu gefuehrt haben, dass jetzt jeder Tante-Emmaladen seinen Webserver
bei IBM gekauft hat (die bloede Oma, hat sie doch tatsaechlich sich einen
PeeCee von der Stange gekauft und bei Strato eine Domain mit eigener E-Mail-
Adresse fuer 08/15 Pfennig).

Holger

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