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Re: Totgesagte leben länger: Perkeo.



Thomas Roessler schrieb:
> 
> Hr. Hamann schrieb:
> 
> >> Für welche Definition von "einig"?  Hältst Du es nicht für möglich,
> >> daß einige der dort Anwesenden schlicht keine Lust mehr hatten, mit
> >> dem nahezu ununterbrochenen Redeschwall eines der dort anwesenden
> >> Juristen zu konkurrieren?
> 
> > Ja, so wünscht man sich einen guten und mündigen Bürger...
 
> Es steht Ihnen mit Sicherheit _nicht_ zu, hier Noten für Mündigkeit
> und Bürgertugend zu vergeben.

Nein, es steht mir nicht zu Ihnen eine Note zu geben. Ist mir zu
mathematisch. Aber die Wertung zwischen den Zeilen haben Sie ja
offensichtlich verstanden...
 
> Im übrigen kann man die Fortsetzung einer Diskusison nachmittags um
> drei, wenn die meisten im Raum Anwesenden müde und erschöpft sind
> und einfach nur nach Hause wollen, schlicht als Rücksichtslosigkeit
> betrachten.  Aber wer wird von _Ihnen_ schon Höflichkeit erwarten.

Stimmt ! "Ist der Ruf erst..." - Damit kann ich leben.Ich bin leider
kein so hervorragend geschulter Rethoriker wie Sie. Ich wollte Ihnen
nicht die Schau stellen. Sorry.

Tut mir leid Hr. Roessler - Sie begreifen es einfach nicht oder wollen
es einfach nicht begreifen.

> Ich verstehe Sie, lieber Herr Hamann, also recht, daß Ihrer Ansicht
> nach die tägliche Zeitungslektüre eines diensttuenden Beamten, der
> problematische Veröffentlichungen einer geeigneten Strafverfolgung
> zuführt, einen Grundrechtseingriff darstellt,

Falsch: Gesetzesverstoss - erkundigen Sie sich bei einem Juristen Ihrer
Wahl mal nach den Begriffen "präventives" und "repressives" Handeln und
"Anfangsverdacht".

Oder vielleicht mal so: Bürger, Private <=> Staat
 
> Wie selbst Ihnen bekannt sein dürfte, unterhält jedes größere
> Unternehmen, von Parteien, dem Bundespresse- und Informationsamt und
> dergleichen Instituten einmal ganz zu schweigen, eine Abteilung, die
> sich mit der systematischen Zeitungslektüre befaßt. 

Ja, im Wahrheitsministerium werden tatsächlich alle Artikel gesammelt. 
Nochmal: Es geht um _staatliches_ Handeln. Wir können hier gerne
diskutieren, ob es dem Bürger "weh tut" oder nicht. _Wenn_ es aber so
ist, dann braucht es eine gesetzliche Grundgrundlage. Schlagwort: Nie
ohne !. Für die Umtriebe des BKA gibt es die (noch) nicht. Und nicht
vergessen: Ein guter Zweck ersetzt die gesetzliche Grundlage nicht.
 
> Insofern vermag ich einen Grundrechtseingriff in der Durchsicht
> veröffentlichten Materials auf Äußerungsdelikte nicht zu erkennen.

Ich denke, das folgt aus dem Volkszählungsurteil. Man kann aber anderer
Meinung sein. Nur ist die dann falsch. Eine präventive Rasterfahndung,
womöglich automatisiert, ist ein grober Grundrechtseingriff.

 
> > Von dem Datenschutzproblem ("Was machen wir mit den tollen Daten")
> > ganz zu schweigen.
> 
> Weder der eifrige Rentner, noch die Behörde wird gezwungen, die
> ausgewerteten und für harmlos befundenen Daten aufzubewahren.
> Datenschutzprobleme lassen sich in diesem Kontext also durch das
> einfache Instrument der Datenvermeidung erledigen.

Bitte (!) nochmal das Volkszählungsurteil lesen. Eine Regelung muß
existieren. Hier setzt das BVerfG schon sehr formale Anforderungen.
Gerade die Regelung "an sich" - was passiert mit den Daten ? - ist der
erste Schritt für den Datenschutz. Der verträgt nämlich keinen
Gestaltungsspielraum ("mal speichern, mal nicht..."). WAS gespeichert
werden darf entscheidet bei uns der Gesetzgeber und nicht Herr Meseke.
Darin liegt der Hund begraben.

> > Wobei die Frage der "Eingriffsqualität" _tatsächlich_ akademisch
> > diskutiert werden könnte... Ich will aber Bürger Roessler nicht
> > langweilen.
> 
> Geht's noch dummdreister?  Vielleicht versuchen Sie es in Ihrem
> nächsten Beitrag zur Abwechslung mal mit Argumenten.

Aber jetzt biiiitttte nicht noch *plonken* - Bürger Hamann möchte nicht
aufs virtuelle Schaffot :-)

> >> Und schließlich: Welcher Bürger wird in seinen Rechten
> >> beeinträchtigt, wenn das BKA Zeitung liest?
> 
> > Darüber können wir streiten.
> 
> Nur zu.
> 
> Tatsache: Wer etwas in einer Zeitung oder offen im Web (oder,
> ähnlich, in Newsgruppen und in vielen Mailinglisten) publiziert, tut
> dies, um eine möglichst große, unbestimmte Öffentlichkeit
> anzusprechen.  Er tut dies regelmäßig _nicht_, um nur einen
> wohlbestimmten kleinen Kreis zu erreichen.

Ja, er muß sich deswegen aber noch lange nicht vom Staat (unsichtbar und
ohne Grundlage, gar automatisiert) "beäugen" lassen 

> Tatsache: Man kann davon ausgehen, daß jedem, der im Web oder in
> Newsgroups publiziert, bekannt ist, daß es Dienste wie DejaNews
> (höchst nützlich) und Altavista gibt, die diese Inhalte archivieren
> und/oder leicht für jedermann durchsuchbar machen.

Genau "JEDERMANN" <=> Staat ! Eine Grundannahme in unserer Verfassung.
 

> > * Zitat Bundesverfassungsgericht:
> >
> > "Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine
> > Gesellschafts- ordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung
> > nicht vereinbar, in der die Bürger nicht mehr wissen können, wer
> > was wann bei welcher Gelegenheit über sie weiß.
> 
> Im Kontext von Usenet, Web und dergleichen _weiß_ ich als Autor, daß
> _potentiell_ _jeder_ erfährt, was ich da wann und wo publiziert
> habe.  Ich will das sogar.  Die vom BVG dargestellte Unsicherheit
> ist also keine.  

Ich halte das schlicht für einen Zirkelschluß, der auf der Unterstellung
eines Willens beruht und den Versuch "Unsicherheit" weg zu definieren.
Diese Argumentation spielt auf Ebene "Zwei", der Rechtfertigung der
gesetzlichen Grundlage eine Rolle. Insoweit haben Sie dann Recht: Die
Hürden für ein BKA-Internet-Gesetz werden zum Teil nicht arg hoch sein.

Im übrigen beschreiben Sie schön den verfassungsrechtlichen Beinbruch:
Wenn ich als Bürger weiß, dass potentiell auch der Staat erfährt was ich
sage, dann halte ich lieber mein Maul. Bumm. Schlimmer: Wenn ich weiß
dass er sucht, aber nicht genau was. Was wäre denn wenn Staat das
Internet mal nach Umtrieben von Sekten untersucht ? Oder Schwule ? Oder
liberale Informatiker ? etc...*grusel*  

Ein Rechtsstaat bespitzelt seine Bürger aber nicht. Das BKA als "Lurker"
- dann sind wir auf der "Big Brother"-Ebene - falls keine Grundlage
geschaffen wird.
Und ja, die vermeintlich grundrechtsgefährdende

> NB: Eher private Konversationen wie die in IRC-Kanälen sind auch
> meiner Meinung nach ein anderes Thema.

Jau !
 
> > * Zitat Bundesbeauftragter für den Datenschutz (aktueller
> > Tätigkeitsbericht):

> Ach, da schau mal einer.  Wenn der BfD die Kenntnisnahme von offen
> und unbeschränkt für jedermann im Internet angebotenen Informationen
> durch die Polizei gesetzlich gedeckt sieht, dann ist das "sehr
> streitig", wenn ich letztlich das gleiche sage, dann "kann oder will
> ich nicht begreifen"?

O.K. ! Sie wollen ! Erklären Sie mir aber zu Testzwecken den Unterschied
zwischen einer Aufgabenzuweisungsnorm und einer Ermächtigungsgrundlage
...

Übrigens ist auch Hr. Fierl (Fier) vom LKA Bayern insoweit (betreff:
Reicht Aufgabenzuweisungsnorm) meiner Auffassung. Mit dem muß ich mich
dann nur über die _konkrete_ gesetzliche Ermächtigung streiten. Man kann
vertreten, die Generalkausel im bay. PolG zur Datenerhebung reicht. Nur
steht da halt auch nix von "BKA"...

Sind wir wieder auf der "formalen" Ebene.
  
> Ich darf Sie, lieber Hr. Hamann, im übrigen bitten, sich in Zukunft
> etwas am Riemen zu reißen und nicht die Höflichkeitsform des "Sie"
> als Deckmäntelchen für derart billige und sachfremde Polemik zu
> nehmen.

Oh, weh...weh, jetzt werde ich doch noch *geplonkt*. Himmel, Zustände
wie im Usenet...ich wollte die kristallklare Logik Ihrer Ausführungen
natürlich nicht in Frage stellen ;-) 

Over and out,
Sierk Hamann