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Re: Totgesagte leben länger: Perkeo.
On Mon, Oct 04, 1999 at 03:27:44PM +0200, Sierk Hamann wrote:
>
>
> Rigo Wenning schrieb:
> >
> > On Mon, Oct 04, 1999 at 10:44:50AM +0200, Sierk Hamann wrote:
> > >
> > > > Ich möchte aber trotzdem meine schon in GM gestellte Frage
> > > > wiederholen: Darf das BKA Zeitung lesen?
> > >
> > > Nein, da es hierfür einer gesetzlichen Ermächtigung
> > > ("Gesetzesvorbehalt") bedarf. Eine systematische Auswertung von
> > > redaktionellen oder anderen inhalten ist ein Eingriff in Artikel 5 GG.
> > > Von dem Datenschutzproblem ("Was machen wir mit den tollen Daten") ganz
> > > zu schweigen.
> > >
> > Sierk erzaehl keinen Bloedsinn, bevor Du ihn nicht hinreichend
> > recherchiert hast. Die StA z.B. durchforstet Zeitungen und leitet
> > Ermittlungsverfahren ein, falls dies erforderlich ist.
>
> I. Ja, nämlich wenn ein _Anfangs_verdacht, § 152 II StPO besteht
> (repressives Handeln). Wir sprechen hier über "Gefahrenvorsorge"
> (präventives Handeln). Außerdem ist die StA nicht das BKA.
Du weisst genauso wie ich (oder nicht?), dass die alle Hilfsbeamte
der StA sind, also die Unterscheidung nicht zieht. Zu den besonderen
Dingen zaehlt die Surf-Streife nicht, also scheitert es nicht daran,
dass ausdruecklich die StA verlangt ist, sondern allenfalls an
Deiner Theorie, dass die Grundlage fuer Durchsicht der Zeitungen
(170ff, 90ff StPO, ich habe hier unten noch keine StPO zur Hand)
eben nicht auf das Internet anwendbar ist.
Wenn man es in eine dumme Frage kondensiert, koennte man auch
Fragen, woher der Anfangsverdacht kommen soll, wenn die Polizei
blind, taub und ohne Geruchssinn ist. Wenn die nichts anschauen
duerfen, dann kann es ausser Anzeige keinen Anfangsverdacht
geben. Die Polizei faehrt ja auch Streife und wenn was verdaechtig
ist, schauen sie sich das genauer an. Nach Deiner Meinung muessten
die aber mit geschlossenen Augen Auto fahren. Irgendwie ist das
alles nicht schluessig.
Dennoch verbleibt ein ungutes Gefuehl, aber wir muessen genauer
herausfinden, wo dieses Gefuehl herkommt und warum es da ist.
Dies zu formulieren, halte ich fuer eine Herausforderung. Wau
hat ein paar Ansaetze gebracht, es ist aber noch nicht griffig
genug. Das darf kein langes Lamento sein, sondern ein oder
maximal zwei Absaetze, sonst ist es nicht mehr vermittelbar.
(Ich komme hier zurueck auf mein Lieblingsthema von der
freiheitsfeindlichen Dynamik der sozialen Prozesse in diesem
Bereich)
Nur zur Klarstellung: Ich rede von Repression. Perkeo als
Upload-Filter des ISP halte ich fuer problematisch i.S.des
(Vor)Zensurverbotes. Man darf zwar aufspielen, haftet aber fuer
das, was man aufspielt.
> Daraus kann man m.E.erkennen (wobei hier ein weiteres Problem in Art. 13
> GG liegt):
Wo Du das Problem mit Art 13 siehst ist mir ein Raetsel. Dessen
Schutzbereich ist hier nicht tangiert. Art. 13 GG betrifft den
Schutz der Wohnung. Der einzige Anknuepfungspunkt waere, wenn
ich von zu Hause ein Up-Load mache. Hier zieht eben der Vergleich
mit den Zeitschriften gerade nicht.
>
> 1. Auch um einen Zeitschriftenladen zu betreten, braucht es eine
[...]
>
> 2. Schon das Anschauen ist ein Problem. Hier ist primär zwar das
> Betreten geregelt, doch als Bürger muß ich es mir nicht bieten lassen -
> ohne gesetzliche Grundlage - von staatlichen Stellen "beäugt" zu werden.
> Schon gar nicht mittels automatisierter Suchmaschinen oder
> "Fuzzylogig"-Suchroutinen. Ein Rechtsstaat (in der reinen Lehre) macht
> so etwas nicht.
Das Problem liegt also in der Automatisierung...., also Orwell oder
der elektronische Blockwart... wir kommen der Sache naeher.
>
> 3. Das Problem der Datenerhebung - auch von "veröffentlichen" (im
> Wortsinnn) Inhalten - wird beim BKA noch nicht einmal gesehen. Selbst
> wenn Meseke nur ein Post-it an den Bildschirm klebt haben _wir_ ein
> Datenschutzproblem.
>
Das ist kein Datenschutzproblem im eigentlichen Sinne, sondern ein
Problem der allgemeinen Handlungsfreiheit und des allg. Persoenlich-
keitsrechts, das auch Daten betrifft.
> In keiner Ermächtigung steht übrigens "BKA...darf".
Dieses Argument ist sogar eines Erstsemesters Jura nicht wuerdig.
>
> III. Schließlich: "Rechte Dritter" gibt es im Verhältnis Staat-Bürger
> prinzipiell nicht, da es in diesem Zusammenhang wohl als bi-polares
> Rechtsverhältnis beschrieben werden muß.
Das Problem des Nicht-Stoerers aus dem PolizeiR wurde von Dir also
entgegen der herrschenden Meinung und des Gesetzgebers aufgegeben ;-)
Eine mutige These!
>
> IV. Die Eingriffsqualität der a) unsichtbaren b) Beobachtung des
> öffentlichen Handelns eines Bürgers durch die Staatsgewalt folgt m.E.
> zwanglos aus dem Volkszählungsurteil. Kurz: Es will mir nicht in den
> Kopf warum für eine Videokamera vor dem Gotlieb-Daimler-Stadion (während
> eines VfB-Spiels) ungefähr 5 Paragraphen notwendig sind (als Folge des
> Volkszählungsurteils), für eine unsichtbare Streife im Internet hingegen
> aber eine bloße Aufgabenzuweisungsnorm ausreichen soll. Ätsch ;-)
Wir kommen der Sache also noch naeher. Das Problem waere wohl nicht,
wenn ein Polizist vor dem Daimler-Stadion steht, sondern, dass es
gespeichert wird. Der Polizist hat ja auch 2 optische Devices im
Gesicht. Ein weiteres Problem ist die Heimlichkeit. Man weiss nicht
ob es filmt und was gefilmt wird, aber man sieht, ob der Polizist
guckt oder nicht. Ausserdem gibt es in diesem unserem Lande
leider wahrscheinlich mehr Video-Kameras als Polizisten....
Gruss
Rigo