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Re: [FYI] Die Musikindustrie sichert ihre Pfründe



On Wed, Oct 06, 1999 at 10:25:17AM +0200, Patrick Goltzsch wrote:
> >>>>> Holger Veit writes:
> 
> Den Unterschied würde ich eher darin sehen, dass DAT-Recorder
> die Nutzung einschränken. Bei der MiniDisc - die nebenbei
> auch schon seit Jahren am Markt rumkrebst - besteht die
> Einschränkung "nur" in vergleichsweise miserabler
> Tonqualität.

Besonders aber auch in proprietaeren Aufzeichnungsmedien. Bei der
MD hat Sony den Daumen auf dem Player, den Leermedien und der Auswahl
an bespielten Disks. Mit letzteren kann man gutwillige Interpreten
pushen als auch Alternativmaerkte unterdruecken. Genau diese Kontroll-
macht geht durch das Internet floeten. Bei CDs und Compactkassetten
hatten alternative Musikproduzenten und Interpreten lediglich das
Verteilungsproblem und waren dadurch dem Wohl oder Wehe der Musik-
industrie ausgeliefert; das besteht mit MP3 im Netz nicht mehr. Es 
muessen sich, weil der Industrie die Felle davonschwimmen zu drohen,
proprietaere Standards bilden, je inkompatibler, desto besser, und
MP3 ist dabei die groesstmoegliche Gefahr. Deshalb werden in Zukunft
Milliardensummen von Seiten der Musikmafia investiert werden - ggf.
werden Firmen, die wie Diamond etwa auf MP3 setzen, einfach kaputt-
eingekauft. Wenn es Software fuer den PC gibt, um MP3s auf der
Soundkarte abzuspielen, dann ist das irrelevant: man wird weder einen
PC noch auch nur ein Notebook mobil beim Inlineskaten mitnehmen.

>     > ich schaetze die Kundschaft
>     > seit der Verbreitung des Windows-Muells fuer so
>     > strohdumm ein, dass sie sich auch einen kaputten
>     > Standard unterjubeln laesst,
> 
> Nein das glaube ich nicht. Windows mag technisch
> indiskutabel sein, aber es kann - wahrscheinlich gerade
> deshalb - die *soziale* Nutzung, wenn überhaupt, nur
> unvollkommen einschränken: Ein Programm, dass sich mittels
> Kopierschutz gegen die Tauschbörse auf dem Schulhof schützt,
> wird schlicht gecrackt.

Der PC ist ein offenes System: wenn irgendwo auf irgendeiner
Leiterbahn ein Signal unverschluesselt liegt, dann ist es
abgreifbar und kopierbar. Deshalb wird die Industrie auf
proprietaere Geraete abzielen, und wird im Musikmarkt damit
ziemlich gute Chancen haben.

>     >> [Allmachtswahn]
> 
>     > die Vision einer Machtuebernahme
>     > auf einem Markt ist durch den Globalismus und die
>     > daraus resultierende Rechtsschwaeche wesentlich
>     > greifbarer geworden
> 
> Das meinte ich nicht; auch Axels Vermutung hier würden Claims
> abgesteckt, hatte ich nicht im Sinn. 
> 
> Mir geht es eher um die Tendenz, soziale Verhaltensweisen,
> die sich bislang nur eingeschränkt überprüfen/forcieren
> ließen, auf technischem Wege festschreiben zu wollen. 

Die sozialen Verhaltensweisen sind herzlich uninteressant. Es geht
ausschliesslich um den Mammon. Wenn es moeglich waere, die Kundschaft
zu veranlassen, Walkmans zu kaufen, die ueberhaupt keine Musik abspielen
koennten, waeren sie laengst auf dem Markt. Die Technik hat zu dem 
Problem gefuehrt, dass es ueberhaupt moeglich ist, audio-visuelle
Sinneswahrnehmungen aufzuzeichnen, zu speichern und zu kopieren, und
hat dadurch erst den Wunsch nach Besitz an bis dahin fluechtig gewesenen
Sinneseindruecken geweckt. Die Zauberlehrlinge wollen jetzt ihre
selbstgeschaffenen Besen mit neuen Besen wieder in die Ecke zuruecktreiben.

Holger

-- 
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