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Re: Herr H.



On Thu, Oct 21, 1999 at 11:03:07AM +0000,
	Sebastian T. Luettich wrote:
> On Wed, 20 Oct 1999 14:23:01 +0200, you wrote:
[...]
> Abgesehen davon gefaellt mir der Anspruch: "Alle Geraete vollanalog und
> gleich bedienbar" ueberhaupt nicht. Fuer mich, der nur rudimentaerste
> Kenntnisse im bereich der DV hat, ist gerade das Unbekannte der Reiz an
> der ganzen Sache. Ich glaube ich wuerde mich irgendwie langweilen wenn

Das gilt fuer Dich oder mich und viele andere auf dieser Liste, ist aber
leider keine generelle Eigenschaft, auch wenn sie wuenschenswert waere.
Ich glaube, wir erleben da einen Widerspruch zwischen der Einsicht, dass man
heute, wenn man mit der Zeit gehen will, "im Internet sein" muss, und zum
anderen einer Art Anpassungsmuedigkeit, welche sich teilweise ausdrueckt in
einer Feindlichkeit gegenueber einer Technik, die man laengst nicht mehr 
versteht und deren Hohepriester sich nun offen erkennbar hinter einer
Fassade von unverstaendlichem Technobabble verschanzen. Frueher war das
Leben viel einfacher. Eine solche Frustration hat man in frueheren Zeiten
nur bei aelteren Menschen erlebt; jetzt befaellt sie Menschen bereits in
jungem oder mittleren Alter, und augenscheinlich handelt es sich nicht
ausschliesslich um Personen, welche bildungsmaessig am untersten Ende der
Skala anzusiedeln sind. Konkret, eine Muedigkeit, sich mit der existierenden
Realitaet auseinanderzusetzen und stattdessen zu versuchen, das schnell-
drehende Rad der Entwicklung aufzuhalten. 

> von vornherein alles klar und bekannt waere. Wenn ich an die -zig
> Stunden denke, in der ich meine SS2 mit OpenBSD dazu brachte eine ppp
> connection aufzubauen, Zeit die ich definitv nicht missen moechte.

Du hast genau das gemacht, was ein Kind mit Baukloetzen tut: gespielt. Und
dadurch gelernt. Ein Fehler, den Du gemacht hast, war nicht unmittelbar
existenzbedrohend. Dann waere der Kloetzchenturm umgefallen, oder Du haettest
die Boot-Floppies eben alle nochmal einlegen muessen. Das ist eine ganz andere
Art der Wissensaneignung als etwa ein Wochenendkurs Internet-Browsen an der
Volkshochschule, zu dem man nur deswegen hingeht, weil im Beruf der boese
Chef von gestern auf heute die Schreibmaschine weggenommen hat, einen PC
hingestellt hat und erwartet, dass morgen auf seinem Schreibtisch die Boersen-
kurse aus dem Internet fein saeuberlich formatiert und ausgedruckt zu liegen
haben (er hat das Handelsblatt auch gleich abbestellt, da es im Internet ja
alles gibt). So ein Umbruch in der Gesellschaft, und gleich mehrfach in
einer Generation ist existenzgefaehrdend fuer viele.

> Natuerlich haette eine step-by-step Anleitung schneller und
> zeiteffizienter zum Ziel gefuehrt, der Weg jedoch waere bei weitem nicht
> mit so schoenen Landschaften garniert gewesen.. Hm, ich beginne zu
> schafeln, aber als Quintessenz kann ich nur sagen, jemand der mit
> Technik arbeiten muss/will sollte auch einen gewissen Einsatz leisten.
> Nichts faellt einem in den Schoss, warum sollte gerade dann hier eine
> Unmoeglichkeit wahr werden?

Die Technik ist seit jeher als Vereinfachung und Erleichterung des Lebens
verkauft worden. Das stimmt bedingt - der Waschvollautomat ist sicherlich
ein Fortschritt gegenueber dem Zuber mit Waschbrett. Der versprochene
Fortschritt durch den Einsatz von PCs ist aber im Grunde ausgeblieben fuer
die Betroffenen. Es wurde die gesamte Arbeitsstruktur umgekrempelt, das ist
was anderes als die erhoffte "wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass"-
Verbesserung.

Holger

-- 
If Microsoft is ever going to produce something that does not suck,
it is very likely a vacuum cleaner.