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Re: Religionen



In schulung.lists.fitug-debate you write:
>> Diese Wertvorstellungen werden hier im übrigen auch von den offen
>> antireligiös argumentierenden nicht in Frage gestellt.

>Wie meinst du das? Ich stelle *jede* religiös begründete Wertvorstellung
>in Frage!

Vielleicht solltest Du da ein wenig differenzieren oder Deinen
Satz anders formulieren. Es sind ja nicht die Wertvorstellungen
einer Religion, die grundsaetzlich falsch sein muessen. In den
meisten Faellen liegt der Fehler dysfunktionaler religioeser
Wertvorstellungen an anderer Stelle,

	"Ich stelle jede *religioes* begruendete Wertvorstellung
	 in Frage!"

naemlich in der Tatsache, dass das Wertesystem, das fuer die
moralische Bewertung meiner Handlungen bestimmend ist, extern
begruendet und verankert ist. Es wird von "Ich halte es fuer
falsch, dies und das zu tun, weil ..." zu "Gott sagt, es ist
falsch, dies und das zu tun (kein 'weil' mehr vorhanden).".

Damit wird mir die Kontrolle ueber die Grundlage meines Handelns
entzogen, ich verliere eine wesentliche Faehigkeit zur
Reflektion. Ich werde manipulierbar, insbesondere in Systemen,
bei denen die Interpretation des "goettlichen Willens", der
externalisierten Wurzel meines Wertesystems, oligarchisch
organisiert ist, wie es in vielen Kirchen der Fall ist. 

Alle kirchlichen Fehlleistungen in den letzten paar
Jahrtausenden haben ihre Ursache letztendlich in dem Entzug der
Faehigkeit zur Reflektion, in der Absperrung der Metaebene durch
die Organisation der Kirche - unter Zustimmung der Glaeubigen
allerdings. Ist ja auch bequemer - die Hauptschwierigkeit, ohne
Gott auskommen zu wollen, liegt ja nicht im Fehlen von "Trost"
(im christlichen Sinne) oder "Gemeinschaft", sondern in der
Tatsache, die Verantwortung fuer das eigene Handeln bis ins
Letzte selbst uebernehmen zu muessen. Die meisten Leute
erschreckt das.

Kristian