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Re: [FYI] Privatisierung ARD und ZDF



On Wed, May 10, 2000 at 07:35:11PM +0200,
	Thorsten Meyer wrote:
> Holger Veit wrote:
> 
> > dem seit ueber 40 Jahren bestehenden OeR-System - wenn
> > es dies geleistet haette, haetten wir Medienkompetenz
> > laengst. Ist aber nicht der Fall. Damit ist die Frage
> 
> ein paar Proznterl hats schon gebracht...

...wobei ich mir nicht sicher bin, ob dies durch die "Ausbildung"
am lebenden Loewenthal seinerzeit geschehen ist oder vielleicht
doch auf schulischen Einfluss zurueckzufuehren ist.

> > Aber wir haben sie (die Medienkompetenz) dummerweise
> > gerade nicht in den nichtintellektuellen Schichten,
> > und wir erreichen diese nicht durch ein OeR-Spartenprogramm,
> > welches nicht sonderlich dem Wunsch der gesellschaftlich
> > zur Kompetenz zu erziehenden Bevoelkerungsgruppe nach
> > eher weltlich-konkreten Genuessen entspricht.
> 
> Yep. Das Problem bereitet nicht nur mir 
> grosse Kopfschmerzen. Wie macht man das
> sinnvoll? (jetzt bitte nich Dagmars T...:)

Ich bin da Pessimist. Es ist schon hier in einer Liste von
recht hohem Diskussionsniveau kaum moeglich, andere zu
ueberzeugen - eine Meinungsaeusserung ist das Beste, was
noch geht, und mit viel Glueck vollzieht dan ein Mitleser
dann den Gedanken nach - wie kann sowas dann im RL gehen?

Der Vergleich mit Aussaat draengt sich mir auf: die
meisten Samen fallen auf hartes Gestein, und ab und zu mal
landet auch ein Koernchen auf fruchtbarem Boden, wo es sich
entwickeln kann. Unser Problem ist der weitverbreitete
Steinboden; dem kommen wir nicht durch mehr Samen und mehr
duenger bei. Andererseits stellen wir fest, dass sich da
doch unangenehmerweise *nach unserer Auffassung* eklige
Unkraeuter doch recht gut festsetzen koennen (z.B. Dagmars T.).
Konkret: einen Loesungsvorschlag sehe ich da auch nicht.

> [...]
> 
> > Null, aufgrund der Praesentationsform. Es wird lediglich
> > gerne geglaubt, dass man aufgrund der serioesen Tagesschau
> > danach dann informiert ist, was in der Welt vor sich geht.
> > Das ist aber Selbstbetrug.
> 
> Zugegeben. Aber mehr als 15 min Horror hält der
> dicke, gemütliche, deutsche Michel wohl nicht aus?

Der Horror ist mittlerweile normal geworden, es darf
dank Abstumpfung anderweitig sogar ruhig noch ein
bischen blutiger abgehen, waere kein Problem mehr.

Der dicke, gemuetliche, deutsche Michel ist nicht mehr
so sehr der Tagesschaukonsument, denke ich - ich habe mir
das Bild auch vorgestellt, eher ist es derjenige, welcher
die Serioesitaet dieses Mediums als Plazebo gegen ein
eigenes Bildungsdefizit konsumiert; er weiss zwar nichts
von Shakespeare, aber die Tagesschau, immerhin, die muss
es taeglich sein (aber der Inhalt ist austauschbar und
nicht sonderlich mitreissend)

> Luhmann würde sagen, der Bedarf nach einer vertrauten,
> heimischen Nahwelt verhindert mehr...

Die Nahwelt wird anderswo geboten.

> > Das laeuft aber darauf hinaus, dass die OeRs ihrem Auftrag
> > laengst nicht mehr nachkommen, sondern die zwangsweise
> > erhobenen Mittel nur mehr zur Aufruestung gegen
> > marktwirtschaftlich agierende Privatsender einsetzen koennen.

Fehler im Satz: streiche das "koennen" am Ende. Sie koennen es
nicht nur, sie tun es.

> Oder zur fälligen Modernisierung?

Warum? Solange sich am Gebuehrenfluss nichts aendert, braucht
man sich nicht zu bewegen.

> > oder Kultur) bin ich durchaus. Aber ich sehe inzwischen zwar einen
> > vielgeruehmten Bildungsauftrag, aber keine qualifizierten Auftrag-
> > nehmer mehr.
> 
> Jedesmal im Grunde überzeugt und d'accord :-)
> 
> Den öffentlich-rechtlichen Medien ist dasselbe wie
> unserem Parteiensystem geschehen: Das System hat
> sich verfilzt und verselbstständigt und kommt sei-
> nem Auftrag bedingt bis gar nicht nach, es ist zu
> 90% nur noch Selbstzweck und Abzocke, es orientiert 
> sich nicht am Bürger.
> 
> Das spricht aber für eine gründliche 
> Renovierung und nicht für einen Abriss.

Okay. Wie bewirkt man Veraenderungen in einem System, welches
von Umweltparametern abhaengig ist und sich bereits auf diese
hin optimiert hat? Das System ist hinreichend adaptiv bei
allmaehlichen Aenderungen. Es veraendert sich doch nur dann 
etwas, wenn sich die Umweltbedingungen abrupt aendern. Sagt mir
jedenfalls die Theorie dynamischer Systeme.

Holger

-- 
"Well, from what I've read, scientific studies show men tend to be better at
dealing with visual concepts, while women are better at complex linguistic
communication." - "You mean..." - "Men are from MACs, women are from VMS"
	Erwin the AI, www.userfriendly.org