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Re: [FYI] Zunehmende Internet-Regulierungsphantasien im BMJ



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At 06:20 27.04.00 -0000, you wrote:
>Bitte beachte, dass dies zunaechst vollkommen unabhaengig von
>der Einstellung der Person oder Institution zu Filtern im
>speziellen oder Jugendschutz im allgemeinen ist. Filter werden
>hier derzeit nur als Mittel angesehen, eine ziemlich
>fundamentale (bis ins Grundgesetz runter) und politisch nicht
>opportune Diskussion ueber Werte wie Familie und Jugendschutz zu
>vermeiden 

warum sollte eine solche Diskussion über Familie und Jugendschutz
"politisch nicht opportun" sein? Siehst Du dies als für alle Parteien
gegeben an?

>Eine Moeglichkeit, Filter als notwendige und moegliche Loesung
>in Frage zu stellen, ohne die Grundsatzdiskussion zu fuehren,
>ist zu zeigen, das Filter als Mittel unwirksam, nicht
>verhaeltnismaessig oder unvereinbar mit anderen fundamentalen
>Werten unserer Gesellschaft sind. 

Diskussion über Letztere - wohl überwiegend im GG verankert - führt
aber ebenfalls zu einer Grundsatzdiskussion :-). Und das ist richtig so!

Ich halte es für sehr wichtig nicht an den Symptomen hängen zu bleiben
- die ja jede Interessenspartei nach ihren *eigenen* Kriterien
kurieren will, sondern zu den URSACHEN vorzustoßen.

In dieser Hinsicht stört mich auch das oft beobachtbare Ausweichen auf
die kommerzielle - bzw. Wettbewerbsschiene ganz gewaltig (nicht von
Dir). In dem Sinne, daß Filter teuer sind, den Mittelstand
überfordernde Investionen erzeugen und den Standort=Arbeitsplätze
gefährden. Ich habe sogar schon gelesen, daß man mit der Politik NUR auf
diese Weise reden und so Zensurt/Filterung verhindern könne. Traurig
wie ich finde, denn mit dieser "Moral" kann für und gegen alles
argumentieren werden und man wird sich damit von einem
gesellschaftlichen Grundkonsens und irgendwelchen gemeinsamen Werten ganz
verabschieden! XS4ALL war in
dieser Hinsicht ein schlechter Beginn, auch wenn das Vorhaben der
Staatsanwaltschaft damals auf Grund gelaufen ist (technische Unmöglichkeit
der Sperrung einer einzelnen URL, statt dessen der ganzen Domain).

>Und zu zeigen, dass solche Filter mit anderen Prinzipien unserer
>Verfassung nicht vereinbar sind, setzt voraus, dass das "Kind"
>an irgendeiner Stelle mindestens einmal in den Brunnen gefallen
>ist, d.h. dass zugesicherte Rechte eines erwachsenen oder gar
>jugendlichen Nutzers durch Installation und Betrieb einer
>Filtersoftware verletzt worden sind, und zwar in einer
>prinzipiellen Weise, die die Filterung grundsaetzlich in Frage
>stellt. 

also doch :-) !

>Derzeit gibt es eine grosse Anzahl von vollkommen
>unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, die ein Interesse
>daran haben, mittlerfreie Kommunikation zu verhindern und
>Einfluss auf die Erreichbarkeit spezifischer Inhalte durch
>Bundesbuerger zu nehmen. Eine Liste von Gruppen und Gruenden
>habe ich ja in einem anderen Artikel versucht zusammenzustellen.

URL?

>Es waere unter Umstaenden nuetzlich herauszuarbeiten, welche
>Grundsaetze einem Buerger dieses Landes das Recht geben, ohne
>Einbeziehung eines Mittlers Kommunikationspartner zu finden und
>ohne Einbeziehung einer dritten Partei mit diesem Partner zu
>kommunizieren. Inwieweit wird mittlerfreie Kommunikation durch
>unsere Verfassung geschuetzt oder garantiert, inwieweit gibt es
>ein Recht auf Eindringen oder Kontrolle von Kommunikation zweier
>Parteien durch Dritte. Inwiewie gibt es ein Recht auf die
>Verfuegbarkeit mittlerfreier Kommunikation?

ACKACK. Sehr interessant! Eventuell muß auch der Kommunikationsbegriff
neu definiert werden, den beispielswiese die Väter des GG kannten
sicher nur Sprache (und Telefon). Bereits das gedruckte oder über Rundfunk
verbreiete Wort fiel sicher nicht mehr unter Kommunikation.

>Der Aspekt mit dem "sich durchgeleitete Inhalte zu eigen machen"
>ist in der derzeitigen Diskussion noch nicht ausreichend
>ausgespielt worden.

diesen Punkt (Zuständigkeit des TKG und nicht des TDG) hatte ich
eigentlich als abgehakt gesehen....
Kein zu_eigen_machen und keine Haftung des Postbusfahrers(?)

>Nimmt man Filter als grundsaetzlich wirksam an, dann bedeuten
>Filter und Kontrolle ueber Filter bedeuten Kontrolle ueber die
>Metaebene einer jeden (politischen) Diskussion.

in der Konsequenz die Frage: wer kontrolliert die Kontrolleure?
Darf sich ein Staat im Staate bilden, der sich politischer Kontrolle entzieht?

Insofern sind mir auch die Versuche der Privatwirtschaft in Gestalt von
ECO, bertelsmann et.al mehr als suspekt auf Symposien irgendwelche
"gesellschaftlichen" Normen festzuzurren - im Falle von Bertelsmann auch
noch mit der Begründung, daß es die Politik mit dem Netz eh nicht
schafft/rafft. Sowas ist ein Staatsstreich auf die kalte Art und das sollte
man auch so sagen.

>Falls eine Diskussion ueber Filter in einem solchen
>Netz zu diesem Zeitpunkt dann noch moeglich ist.

es gibt auch noch andere Netze. So eine Entwicklung könnte die
Renessance von FIDO und Co. werden... 

>Ich persoenlich wuerde lieber riskieren, dass meine Kinder im Netz
auf nackte
>Frauen und Hakenkreuze stossen koennten, als in einer solchen
>Welt zu leben.

full ACK.
Schönen Gruß                   Horst-Walter

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