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Re: [FYI] "Schwere Brocken"



On 20 Nov 2000, at 17:02, Neko (Simone Demmel) wrote:

> Hi,
>
> Axel H Horns (horns@ipjur.com) - Mon, Nov 20, 2000 at 12:00:22PM
> +0100: > Bedeutung erhalten haben; als Beispiel nenne ich die
> vorgeschlagene > Streichung der Schutzausnahme für Computerprogramme,
> die > eigentlich nur die gegenwärtige Praxis festschreiben soll.
>
> Er hat vergessen zu adden: fuer die naechsten 200 Jahre...

Naja, sagen wir mal fuer die naechsten 20 Jahre.

> anyway - egal, mal eine andere Frage dazu:
> Wenn ich das richtig verstanden habe, geht eine Patentanmeldung doch
> so vor:
>
> 1. Schritt: jemand hat eine Idee und fuellt ein Formular fuers
> Patentamt
>             aus.

Ein bisschen mehr als Formulare ausfuellen muss man schon machen.
Eine Patentanmeldung enthaelt u.a. "Patentansprueche" und eine
"Patentbeschreibung" (aka Besinnungsaufsatz ueber die beanpruchte
Erfindung).

> 2. Schritt: Beim Patentamt schaut sich das wer an und erteilt ein
>             Patent.

> 3. Schritt: der Jemand von oben, muss Geld bezahlen.

Wenn die Kosten des Patenterteilungsverfahrens sowie die
Jahresgebuehren gemeint sind, stimmt die Reihenfolge nicht ganz.
Bestimmte Kosten fallen schon ganz am Anfang an.

> Zwischen Schritt 1 und 2 muss doch irgendwie noch ein Freiraum sein,
> waehrend dessen man ein Patent stopen kann? Gibt es den, wenn ja, wie
> sieht der aus (wie erfaehrt man, welche Patente angemeldet werden
> sollen), was kostet er?

Patentanmeldungen werden in DE und beim EPA nach 18 Monaten ab
Einreichung bzw. aeltestem Prioritaetsdatum in der vom Anmelder
eingereichten Form (!) veroeffentlicht (sog. "Offenlegung"), auch
wenn noch kein Beschluss ueber eine Patenterteilung gefasst worden
ist.

Zu diesem Zeitpunkt erfahrt die Oeffentlichkeit zum ersten Mal von
der Existenz einer Patentanmeldung.

(Moegliche Ausnahme in DE: "Ueberrollte Offenlegung": Die Erteilung
passiert vor Ablauf der Offenlegungsfrist. Dann entfaellt die
Offenlegungsschrift, und die Oeffentlichkeit wird gleich mit der
Patentschrift konfrontiert. Nicht beim EPA.)

Man erfaehrt von der Offenlegung (praktisch gesehen, im RL) durch
Konsultation kostenpflichtiger Datenbanken. Die Bundesregierungen der
letzten Zeit (incl. Kohl-Periode) sahen sich nicht in der Lage,
Patentdaten zeitnah und vollstaendig kostenlos ins Internet zu
stellen. Beim DPMA kostet 'ne via Abfrage via https:// DEM 4,--. Es
heisst, der Staat duerfe ein "gelwertes Gut" (als solches werden
Patentdaten angesehen) nicht unentgeltlich unters Volk werfen.
Genausowenig wie Gesetzestexte. War grosser Knallpunkt beim EDV-
Gerichtstag im Jahre 1999.

> Nach Schritt 3 kann jeder irgendwie abfragen ob das, was er da tun
> will, bereits patentmaessig geschuetzt ist - wie geht das? was kostet
> das?

Siehe oben. Auch die Patent_erteilung_ erfaehrt man heute de facto
aus Datenbanken.

> Ich will weniger darauf raus, jetzt jede Zeile meines Codes
> patentieren zu lassen, sondern eher ueberlegen, ob man jedes dieser
> idiotischen Patente anfechten kann. (Es gibt sicher sinnvolle Patente,
> aber was hier in letzter Zeit ueber die Liste kam war eher als
> Nicht-patent-wuerdig zu bezeichnen, bzw. als
> Dieses_Patent_steht_historisch_wem_anders_zu.

Binnen 3 Monaten (DPMA) bzw. 9 Monaten (EPA) ab Erteilung Einspruch
einlegen oder - danach - beim zustaendigen Gericht (in DE:
Bundespatentgericht) Nichtigkeitsklage erheben. Ersteres ist
verhaeltnismaessig (!) kostenguenstig (nicht: billig). Wichtig:
Einspruch und Nichtigkeitsklage funktionieren nur, wenn man Gruende
aus einem im PatG bzw. EPÜ abschliessend aufzaehlenden Katalog von
Einspruchs- bzw. Nichtigkeitsgruenden geltend macht. Dazu gehoeren
insbesondere das Vorbringen mangelnder Neuheit und mangelnder
Erfindungshoehe.  Alles andere zaehlt nicht!

Besonders beim EPA haben Patentpraktiker manchmal den Eindruck, dass
es im Einspruchsverfahren leichter ist, ein Patent fuer den
Patentinhaber zu verteidigen als ein Patent fuer einen Einsprechenden
wegen fehlender Neuheit oder fehlender Erfindungshoehe aus der Welt
zu schaffen. Das gilt aber durch die Bank fuer _alle_ Patente, nicht
nur fuer SWPAT. Derartige Behauptungen werden aber vom EPA
regelmaessig vehement in Abrede gestellt. Unabhaengige serioese
rechtstatsaechliche Untersuchungen gibt es aber m.E. zu diesem
Themenkomplex noch nicht.

--AHH