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Re: Telepolis über Lutterbeck-Gutachten und



On 3 Jan 2001, Lutz Donnerhacke wrote:

> > Es gibt zumindest in den USA schon eine Menge Verletzungsprozesse. Mir
> > sind darüber hinaus einige Fälle bekannt, wo Leute vom Programmieren
> > absahen, weil ihr Gebiet zupatentiert war.
> 
> Und? Ich bin wegen Postens von Bombenbauanleitungen angezeigt worden. Auch
> ohne den Freispruch erster Klasse würde ich nicht einsehen, warum ich das
> einstellen soll.
> 
> Kurz: Es gibt Gesetze, die inhärent unlogisch sind und deshalb getrost
> ignoriert werden können. Darüberhinaus gibt es Gesetze, die den Realitäten
> widersprechen und die deshalb getrost ignoriert werden (sonst würde der
> Widerspruch nicht existieren).
> 
> Noch anders: Steuerhinterziehung ist Volkssport.
>              Patentignorierung ist Programmierersport.
>
> > Die vorhandenen Mittel genügen, um eine geschäftliche oder bürgerliche
> > Existenz zu ruinieren.
> 
> Das bestreite ich nicht. Es interessiert mich aber ebensowenig, wie mich die
> Aktivitäten des Finanzamts interessieren. Kurz: Keine offene Konfrontation
> und so wenig Kontakt wie möglich.

Da sind wir uns also einig.
Offenbar mit dem Unterschied, dass du die Patentinflation für ebenso
unvermeidbar hälst wie die Steuerinflation.
 
> [Patentpool]
> > Folge: man sucht sich besser ein anderes Gebiet oder verdient sich sein
> > Brot als zertifizierter Dienstleister im Rahmen eines rechtlich
> > abgesicherten Systems, vorzugsweise "Microsoft Solution Provider".
> 
> *lach* Ja, ich mache eine Steuerkanzlei auf. NOT!
> 
> > Was Stallmanns Thesen damit zu tun haben und warum sie substanzlos sind,
> > kann ich nicht erkennen.
> 
> Ad eins: Das schrieb ich nicht. Du interpolierst meine Aussage.
> Ad zwei: Auch wenn RMS Galle spuckt, wird aus einem System, daß ich
>          ausliefere und das ein Open Source Produkt enthält nicht die
> 	 ganze Lieferung zu GPL.
> Für Patente gilt ähnliches: Die Verletzung eines Patents macht nicht die
> ganze Lieferung zu einem Lizenzverstoß.

In der Theorie vielleicht schon.
Es hängt immer davon ab, ob man gerade in die Schusslinie gerät.
 
> >> Ich lebe auch von der Ignorierung des Patentwesens. Das geht derzeit
> >> und in absehbarer Zukunft sehr gut.
> >
> > Interessant.  Dann müsstest du in absehbarer Zukunft ein gewisses
> > Interesse an der Aufrechterhaltung dieses komischen Zustandes haben.
> 
> Nein, am liebsten wäre mir die Abschaffung großer Teile des Patentwesens.
> Ja, ich habe selbst Patente mit angemeldet und das auch schon vor 1990.
> 
> >> Dieses sind die Forderungen nach einer Ausnahmereglung für
> >> Computerprogramme. Das ist aber eine Behandlung von Symptomen. Folgt
> >> man diesem Vorschlag, so wird das Patentrecht weiter aufgebläht und
> >> bürokratisiert.
> >
> > Ganz im Gegenteil.
> 
> Glaub mir einfach: Das Recht gehört ausgebürstet und kanonifiziert. Diese
> jahrhundertealte Flickschusterrei ist das Grundübel von Justizia.

Ja, das versuchen wir.
Das Gegenteil von Flickschusterei ist allerdings Radikalität, und die hat
in der Politik ihre Kosten.
Uns kann man wirklich keinen Mangel daran zum Vorwurf machen.
 
> >Initiative 5 liefert sogar ein Rezept für die Entbürokratisierung des
> >Patentwesens.
> 
> Kurzfassung: 'Jede Veröffentlichung eines Patentes im Internet gebiert einen
> Patentanspruch.'

Jede formgerechte Veröffentlichung.
 
> Wer dieser Veröffentlichung erfolgreich widerspricht, ruiniert den
> Veröffentlicher.'

Warum "ruiniert" ?
Es geht um eine bestimmte Summe, die vielleicht geringer ist als die
abzuschaffenden Patentgebühren.
Wer erfolglos widerspricht, zahlt die Prozesskosten beider Seiten.
 
> Ansehbare Folgen: Tüftler und Softwareentwickler erstellen keine
> Patentveröffentlichungen, weil sie das Risiko nicht tragen wollen. 

Das Risiko kann man vermeiden, indem man ordentlich recherchiert und eine
ordentliche Patentschrift erstellt.  Genau wie heute.  Nur wird die Last
dieser Aufgabe nicht nach Gießkannenprinzip gleichermaßen über gute und
schlechte Patentanmeldungen verteilt sondern dem Verursacher aufgebürdet.  
Dadurch entsteht ein verstärkter Wettbewerb unter Recherchedienstleistern,
der für billigere Angebote sorgt.

> Große Firmen veröffentlichen alles, was automatisierbar in die
> notwendige Form zu bringen ist und halten sich gegenseitig die
> Einsprüche vom Leib.

Genau das können sie dann nicht mehr:  die Einsprüche kommen dann von
Privatleuten und Vereinen, die durch die Erfolgsprämie entschädigt werden.
Die Großfirmen müssen dann endlich zweimal nachdenken, bevor sie die
Patentämter weiter mit frivolen Anträgen zumüllen.
 
> Nichts gewonnen, nur alles noch schlimmer gemacht. Prima, Herr Pilch!

> >> Die eigentliche Frage ist jedoch, wie die Kernidee eines Patentanspruchs
> >> also was eine schützenswerte Erfindung sein soll.
> >
> >Genau.  Wird wiegesagt von Initiative 3 prägnant beantwortet.
> 
> http://swpat.ffii.org/stidi/eurili/indexde.html
> Prägnant ist das nicht. Eher pregnant. Es wird eine Monster gebären.

Begründung?
Hier wird in einer DIN-A4-Seite klar erklärt, was das bestehende Gesetz
bedeutet, während das EU-Konsultationspapier zum Verdunkeln ca 20 Seiten
braucht.
 
> Eben genau das, was man von dieser Flickschusterrei erwarten darf. Probleme
> wurde nicht angegangen, 

Welche Probleme wären denn noch anzugehen?

> aber der gerade vom Lobbyisten überschaute Problembereich in seinem
> Sinne ausgegrenzt. Die leichteste Abweichung - und sei sie noch
> perverser als die trivialen SwPAT - fällt wieder in die gleiche
> Situation und Diskussion, wie sie von den SwPAT bekannt ist.

Was könnten da für Fälle auftreten?

Sicherlich gehört zu obigem Lösungsansatz auch, dass man die
Rechtsprechung im Auge behält und auf allen Ebenen die Patentinflation
bekämpft.   Mit den 5 Initiativen sind schon recht viele Ebenen
angesprochen.  Aber die Rechtsprechung ist kein Automat, den man einfach
ein für allemal fertig einrichtet.
 
> Nichts gewonnen, nur alles noch schlimmer gemacht. Prima, Herr Pilch! 

Bezieht sich das auf alle 5 Initiativen?

Gibt es bessere Optionen oder bleibt nur der Volkssport "Austricksen des
XXX-Amtes"?

-phm