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Re: swpat - versteht das noch wer? ,-)



On 3 Jan 2001, at 10:08, PILCH Hartmut wrote:

> Damit hier überhaupt eine "Ambivalenz" entstehen kann, muss ich den
> Anspruch etwa so formulieren:
> 
> "Vorrichtung, welche die niedrigfrequenten Anteile eines Signales
> durchlässt und die hochfrequenten herausfiltert."
> 
> Ich müsste die Wirkung beanspruchen, ohne auf die erfinderische
> Problemlösung einzugehen.  Tausende möglicher erfinderischer Lösungen
> würden unter meinen Trivialanspruch fallen.
> 
> D.h. das Beispiel funktioniert nur unter der Annahme, dass
> Wirkungsansprüche, wie sie seit den 80er Jahren zunehmend in
> Patentschriften Einzug gehalten haben, ganz unbedenklich oder
> unvermeidlich seien.

Die hier gebrachten Beispiele uebersimplifizieren notwendigerweise. 
Ein realistisches Beispiel ware ein neuartiges ABS-System, wobei der 
Erfinder die Idee hatte, das Regelverhalten eines bestimmten 
Teilsystems und damit die Bremsstabilitaet des Fahrzeuges dadurch zu 
verbessern, dass er an einer bestimmten Stelle im ABS-System eine 
Tiefpassfunktionalitaet einbaut. Nehmen wir an, es gaebe ABS-Systeme 
im Stand der Technik, aber alle ohne Tiefpass an dieser Stelle.  

Wie soll man sowas im Patentanspruch formulieren?

a) "ABS, [...] dadurch gekennzeichnet, dass zwischen [...] und [...] 
ein als Tiefpass geschaltetes RC-Glied vorgesehen ist"

oder

b) "ABS, [...] dadurch gekennzeichnet, dass zwischen [...] und [...] 
ein Einrichtung vorgesehen ist, welche die niedrigfrequenten Anteile 
eines Signales durchlässt und die hochfrequenten herausfiltert".

Die Variante zu a) waere praktisch witzlos, denn jeder weiss, dass 
man eine Tiefpassfunktionalitaet auf mindestans 1001 Arten erzeugen 
kann. Diese Variante beansprucht nur eine einzige davon. Es waere ein 
wertloses Patent, tivial zu umgehen.

Die Variante zu b) habe ich mit den Worten von phm zusammngebastelt. 
Sie gibt das, was die Erfindung ausmacht, in gerechterer Weise 
wieder, vorausgesetzt, der Fachmann weiss anhand seines Fachwissens 
plus der Ausfuehrungen in der Patentbeschreibung tatsaechlich, wie 
man - ohne nochmal erfinden zu muessen - eine Einrichtung konkret 
herstellt "welche die niedrigfrequenten Anteile eines Signales 
durchlässt und die hochfrequenten herausfiltert".  

Die Variante zu b) ist aber keine Aufgabenerfindung, denn die durch 
die Erfindung verfuegbar gemachte Loesung besteht in der Anordnung 
eines zusaetzlichen Tiefpasses an einer bestimmten Stelle im System, 
egal wie der Tiefpass dann im einzelnen konstruiert wird. Die damit 
geloeste Aufgabe besteht nicht darin, ein Signal zu filtern, sondern 
das Bremsverhalten eines Fahrzeuges zu verbessern.

Wer funktionale Merkmale dadurch ueberdehnt, indem er neuartige 
Funktionalitaeten hineinlegt, die nicht beschrieben und am Anmeldetag 
noch gar nicht realisierbar sind, schiesst sich selbst ins Knie - das 
Patent ist wegen fehlender Nacharbeitbarkeit nicht rechtsbestaendig; 
vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG.

--AHH