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Swpat: falsche Fragen //Re: swpat - versteht das noch wer?



"Axel H Horns" <horns@ipjur.com> antwortete mir:

> > > > Damit hier überhaupt eine "Ambivalenz" entstehen kann, muss ich
> > > > den Anspruch etwa so formulieren:
> > > > 
> > > > "Vorrichtung, welche die niedrigfrequenten Anteile eines Signales
> > > > durchlässt und die hochfrequenten herausfiltert."
> > > > 
> > > > Ich müsste die Wirkung beanspruchen, ohne auf die erfinderische
> > > > Problemlösung einzugehen.  Tausende möglicher erfinderischer
> > > > Lösungen würden unter meinen Trivialanspruch fallen.
> > > > 
> > > > D.h. das Beispiel funktioniert nur unter der Annahme, dass
> > > > Wirkungsansprüche, wie sie seit den 80er Jahren zunehmend in
> > > > Patentschriften Einzug gehalten haben, ganz unbedenklich oder
> > > > unvermeidlich seien.
> > > 
> > > Die hier gebrachten Beispiele uebersimplifizieren notwendigerweise.
> > > Ein realistisches Beispiel ware ein neuartiges ABS-System, wobei der
> > > Erfinder die Idee hatte, das Regelverhalten eines bestimmten
> > > Teilsystems und damit die Bremsstabilitaet des Fahrzeuges dadurch zu
> > > verbessern, dass er an einer bestimmten Stelle im ABS-System eine
> > > Tiefpassfunktionalitaet einbaut. Nehmen wir an, es gaebe ABS-Systeme
> > > im Stand der Technik, aber alle ohne Tiefpass an dieser Stelle.  
> > 
> > Dann kann ich beliebig Tiefpass-Komponenten produzieren und auf den
> > Markt bringen, ohne dieses Patent zu verletzen.  Somit stellt sich das
> > Problem der möglichen "Ambivalenz" des Tiefpass-Teils erst gar nicht.
> 
> Grmpff... Nicht die Tiefpass-Teile liegen im Ambivalenzbereich, 
> sondern die Erfindung, d.h. das erfinderische ABS als Ganzes 

Somit ist eine eventuelle "Ambivalenz" der Tiefpass-Teile belanglos.
Die werden ja gar nicht patentiert.  Somit taugen sie auch nicht als
Beispiel für einen Wirkungsanspruch.  Ich verstehe also nicht, wozu du
sie ins Spiel bringst.

Antiblockiersysteme sind bekanntlich Motorsteuerungen und stellen
daher seit 1980 den klassische Beispielfall für die Abgrenzungsfrage
dar.  Die Frage ist aber im Rahmen der Techniklehre ur-altbekannt und
daher kein Grund, die Techniklehre über Bord zu werfen.

Mit dieser Abgrenzungsfrage ist das Patentwesen auch nicht erst seit
es Computerprogramme gibt konfrontiert.  Schon früher gab es den
Versuch, Gebrauchsanweisungen zu patentieren, und das wurde nur in
wenigen Fällen zugelassen, und die Ansprüche bezogen sich dann auf
nach diesen Gebrauchsanweisungen produzierte neue Güter.

Im Dispositionsprogramm-Urteil und bei Benkard (PatG-Kommentar) 1988
resümiert nachzulesen.  Es ist zu fragen, ob es eine technische Lehre
gibt, die über den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Ausrüstung
hinausgeht.  D.h. es muss mehr vorliegen als eine pfiffige
Rechenregel, die man sich nach vorbekannten Rechenmodellen am
Schreibtisch überlegt.  Das wurde 1980 vom BGH für einen
eingeschränkten Anspruchsbereich des ABS-Systems bejaht.  In dem
kontrastierenden Fall "Flugkostenminimierung" wurde es 1981 verneint.
In Frankreich gab es nur verneinende Urteile.  Hinter angeblich neuen
Industrieerfindungen wurden bloße Rechenregeln gesehen (Fall
Schlumberger).

> Vom Wortlaut des Anspruches her gehoert das ABS laut b) zu den 
> "computer-implementierbaren Erfindungen". Ob eine konkrete 
> Verletzungsform auch tatsaechlich "computer-implementiert" ist, 
> bleibt noch offen.

Belanglose Antworten auf falsche Fragen.

Für alle Verfahren gilt

(1) man kann sie als Gebrauchsanweisungen formulieren
(2) man kann sie als Algorithmen formulieren
(3) man kann sie als programmgesteuerte Vorrichtungen konstruieren

Also ist die Frage, ob ein Verfahren "computer-implementierbar" sei,
uninteressant.  Diese Frage kann sich allenfalls auf den Wortlaut von
Patentansprüchen beziehen.  Dieser Wortlaut ist aber nur bei der
Beurteilung von bestehenden Rechtstiteln entscheidend, also z.B. bei
Verletzungsprozessen.  Bei der Patentierbarkeits-Beurteilung einer
noch nicht patentierten Erfindung geht es nicht um Worte sondern
darum, was der Erfinder denn nun zum Stand der Technik beigetragen
hat.

-phm