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Re: Massverhaeltnisse des Politischen



At 23:20 05.02.02 +0100, Alvar Freude wrote:
>Hallo,
>
>-- Henning Fischer <Henning.Fischer@onlinehome.de> wrote:
>
> > Eine Drohung mit einem Bußgeld für den Fall einer Zuwiderhandlung ist
> > schlicht nicht rechtswidrig. Das ist blanker Unsinn. Egal ob man das
> > TDG, den MDStV oder allgemeine Haftungsnormen anwendet, der Provider
> > ist bei positiver Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten zur Sperrung der
> > Nutzung verpflichtet; dies gilt verschuldensunabhängig.
>
>Nur wenn die entsprechenden Inhalte auf seinem Server liegen.
>
>Aber nicht wenn sie im Ausland liegen.

Falsch!

§ 5 Abs. 4 TDG wurde erst auf Drängen der Länder in den Entwurf der BR vom
20.12.1996 eingefügt, die ansonsten den Verantwortlichkeitsausschluss des
Zugangsvermittlers in Abs. 3 TDG nicht zugestimmt hätten. Mit dieser Vorschrift
war *allein* eine Verschärfung der Verantwortlichkeit des Access-Providers
beabsichtigt. Systematisch ergibt es auch keinen Sinn, dies auf die Absätze
1 und 2 zu beziehen, da die verschuldensabhängige Haftung weitergehend ist.



>Ebenso wie die Telekom nicht gezwungen werden kann eine ausländische
>Telefonnummer zu sperren, über die man mit einem Nazi telefonieren kann.

Das Beispiel hinkt. Die Telekom kann aber dazu gezwungen werden, eine
Nummer abzuklemmen, hinter der sich ein Faxabruf verbirgt, der strafbaren
Inhalt verbreitet (Kenntnis vorausgesetzt).

>?
>Also ich meine, woran begründet der Verstoß sich, wenn man sich weigert
>einer nicht legalen "Bitte" nachzukommen?

Zwangsmittel sind natürlich nicht zulässig, wenn es um die Vollstreckung
rechtswidriger Verfügungen geht. Die Verfügung muss aber angefochten werden.
Wächst sie in Bestandskraft, kann man sich auch nicht mehr gegen die 
Vollstreckung
wenden.

Ich muss mich an dieser Stelle korrigieren: Ich meinte Zwangsgelder
(zur Durchsetzung der Verfügung) nicht Bußgelder.

>
>Ich habe hier ein Papier eines Rechts-Professors vorliegen, in dem er
>eindeutig die komplette Rechtsgrundlage auseinandernimmt, sowohl nach
>MDStV als auch TDG.
>Die Einleitung ist eindeutig:
>
>   "Die von der Bezirksregierung Düsseldorf ins Auge gefaße
>    Konstruktion, aus der eine Verpflichtung zur Sperrung
>    bestimmter Internetseiten hergeleitet werden soll,
>    ist fehlerhaft"

Das würde mich interessieren.

> > Wer meint, er sei aber im Recht, kann die Verfügung anfechten und den
> > Verwaltungs- rechtsweg bestreiten.
>
>das werden die betroffenen Provider sicherlich tun, wenn die angekündigte
>Verfügung kommen sollte.

Insofern ist er auch nicht genötigt worden: § 240 StGB (-)


>
> > 4. Datenmanipulation
> >
> > Hier verstehe ich Alvar's Konstruktion nicht. Soweit ich das sehe,
> > haben die Provider doch nur ihre eigenen Nameserver manipuliert und
> > nicht fremde, oder? Dies begründet aber keine Strafbarkeit, sondern
> > höchstens eine zivilrechtliche Schlechtleistung im Verhältnis Provider
> > - Kunde (der u.U. Anspruch auf 100% Internet hat).
>
>Zwei Punkte greifen hier:
>
>Zum einen ist DNS eine weltweit verteile Datenbank, die das Recht auf
>unverfälschte DNS-Daten bietet.

Es gibt keinen Anspruch auf Nutzung einer fehlerfreien DNS-Infrastruktur.
Dies mag ja gesellschaftliche Konvention sein, ist aber rechtlich nicht
abgesichert.

Wenn sich Deutschlands Provider zusammentun, die Autorität von ICANN anzweifeln
und ein neues DNS mit neuen Root-Servern aufbauen, kannst Du wenig dagegen
tun. Das ist im übrigen ein Problem im Spannungsverhältnis zwischen staatlicher
Regulierung und Selbstregulierung.


>Aus http://www.icann.org/icp/icp-3.htm :
>The DNS is a globally distributed database of domain name (and other)
>information. One of its core design goals is that it reliably provides
>the same answers to the same queries from any source on the public
>Internet, thereby supporting predictable routing of Internet
>communications. Achievement of that design goal requires a globally
>unique public name space derived from a single, globally unique DNS
>root.
>
>Die Worte reliably und "the same answers to the same queries from any
>source on the public Internet" sind hier die entscheidend. Wer also am
>DNS System teilnimmt muss sich an diese Regeln halten.

Ist ja im Prinzip auch vernünftig; nur leider nicht einklagbar!

>Der zweite Punkt ist aus Sicht des Anwenders:
>Wer Rotten aufruft, erwartet Rotten. NIcht eine Seite der
>Bezirksregierung, eine andere Sperr-Seite oder einfach eine nicht
>mögliche Verbindung.

Ich würde mich bei meinem Provider beschweren. Das ist "Schlechtleistung"
des abgeschlossenen Vertrags. Zivilrecht nicht Strafrecht!



>Angenommen ein böser HaXX0r (also Script-Kiddy) würde irgendwo eine
>DNS-Manipulation durchführen und Seiten umleiten -- der würde sofort
>wegen Datenmanipulation angeklagt werden.

Der darf an seinem eigenen (unmaßgeblichen) DNS Server machen, was er will;
nur nicht bei anderen: *Das* ist Datenmanipulation.


>Angenommen jemand anderes würde den Zugang zu einem Server entsprechend
>unterbinden, auch hier würde er sofort Ärger wegen Datenunterdrückung
>bekommen.

Wieso? Muss ein einmal existierender Kotenpunkt für immer und ewig vorhanden
sein?



>Oder anders: angenommen T-Online würde alle ihre Kunden anstatt auf
>Amazon woanders hin leiten ...

s.o. "Schlechtleistung"



>Das was die Bezirksregierung fordert ist da auch nichts anderes.

Hier existiert aber unter Umständen eine gesetzliche Grundlage. Das
Gewaltmonopol liegt eben beim Staat.


Viele Grüße,

Henning


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