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RE: Wie JPEG-Bilder wertlos werden



Hallo auch,

> Genau. Aber wie ja mein Beispiel mit dem ac3 Patent zeigt,
> ist es nicht ganz einfach, fuer meinen Computer (FreeBSD)
> Lizenzen zu erhalten.

Das ist ein grundsaetzliches Problem des derzeitiges Patentwesens.
Es ist aber nur eines von ganz vielen Rechtesystemen, die greifen
wenn man sich in den Grossbereich digitale Informationen begibt,
ich lieste das weiter unten noch genauer auf.

> > > Ich muss ja eine Lizenz erwerben, sonst darf ich diese
> > > Bytefolgen nicht mehr in irgendeiner Form interpretieren.
> > 
> > Und demzufolge ist die Bytfolge selbst nicht vom Patent betroffen.
> 
> Und nochmal: Mit welchem Werkzeug darf ich sie bearbeiten ? 

Vearbeiten im weitesten Sinne mit jeder Software, z.B. Hexeditor
oder Suchprogramm. Verarbeiten im engeren Sinne des Anzeigens
mit Software die den JPEG Algorithmus benutzt nur dann wenn 
irgendwer in der Kette Programmierer-Endkunde an den Patentinhaber
eine passende Gebuehr abgefuehrt hat. Derzeit mindestens Software
die von Sony kommt, mehr Lizenznehmer kenne ich noch nicht. Das
duerfte sich aber in Kuerze wohl noch aendern, wenn der Patentinhaber
weiterhin erfolgreich ist.

> Woher bekomme ich eine Lizenz fuer meine "xv" oder "communicator" Software
?

Von einem Software-Hersteller, der das entsprechende Produkt hat und
den Patentinhaber finanziell befriedigt hat. Wie bekannt, die Situatiohn
ist noch sehr neu, und die Zahl der Lizenznehmer noch sehr bescheiden.
Direktverkaeufe an Endkunden strebt der Patentinhaber offenbar nicht an.

Das steht uebrigens im Gegensatz zu dem was z.B. in der Musikbranche geht,
man kann dort per minimalem Beitrag z.B. die Rechte an Musikstuecken
fuer die oeffentliche Auffuehrung erwerben, oder auch fuer weitere private
Kopieen. Bei einem verbandslosen Patentinhaber der noch nichtmal im
Ansatz eine "fair use" Lizenzpolitik veroeffentlicht hat und faktisch
kein Interesse zeigt Endkunden zu bedienen geht es wohl nur indirekt.

Ich bin mal gespannt, was Linux Distributoren wie RedHat oder SuSE
mit dieser JPEG Sache machen. Sie sind es ja gewohnt, dass der Kunde
von ihren Datentraegern eine beliebige Zahl von Installationen macht.
Dementsprechend koennten diese Produkte von besonders hohen Forderungen
betroffen sein.

> > > Das habe ich bei dem Audioverfahren (ac3) fuer DVDs versucht,
> > > ich wollte eine Lizenz, um mir mit xine DVDs anzuschauen.
> 
> > Der Monopolcharakter ist hier eindeutig. 
> > Angemerkt sei nur, E-Mail Verkehr bringt in diesem Fall wohl nichts.
> 
> Und welcher andere sollte was bringen ?

Wie waers per Einschreiben mit Rueckschein an den Patentinhaber?
Wenn dieser sich nicht mehr in der Lage ist vor lauter Anfragen
eine vernuenftige Antwort zu geben, und vor allem seine wichtige
Post aus den Bergen heraus zu finden wird er sich zwangslaeufig
dazu durchringen fuer existierende Software und fuer die Endkunden
eine schnelle und einfache Lizenz-Loesung anzubieten. Einen Berg
von Dankschreiben sollte er dennoch nicht bekommen...

> Der DMCA beruht u.a. darauf, dass die Verfahren patentiert werden,
> um bei Handhabung des copyrighted Materials auch wg Verwendung
> des Verfahrens ans Kreuz genagelt werden zu koennen.

Es hat mich auch schon beunruhigt diese Zweigleisigkeit mit der
heutzutage alles moegliche mit Schut-Rechten zugepflastert wird.

Jedoch ist es im Sinne des DCMA nicht wichtig, dass ein Verfahren
patentiert wird. Das DVD-Codierungsverfahren ist lediglich ein
Betriebsgeheimnis seiner Erfinder und deren Lizenznehmer (das ist 
hier keine Patent-Lizenz, einfach nur eine Software Lizenz). 
Mann kann die DVD-Algorithmen dementsprechend auch nirgends in
einer Patentschrift nachlesen.

> Nein, ac3 ist ein patentiertes Verfahren, und die DVD habe ich
> ja ganz normal gekauft. Ich kann mir nur keine Lizenz kaufen,
> um das ac3 Verfahren auf meinem FreeBSD einzusetzen, weil der
> Monopolinhaber mit mir nicht verhandeln moechte.

AC3 ? Ohne es jetzt sicher zu wissen wuerde ich das als 
das Dolby-Surround Sound System bezeichnen. Das ist aber
schon deutlich aelter als die DVD und ihr CSS (Content
Scrambling System = Kopierschutz).

Gibt es eine CSS-Patentnummer? Bei welchem Patentamt registriert?
Wie oben gesagt, meines Wissens nicht.

Mit der DVD stehen wir nunmal einem Expemplar eines Datentraeges gegenueber
der eine, mit vielen Rechten und Gesetzeseinschraenkungen belegte,
Information enthalt.

Der Datentraeger selbst:

- Gebrauchsmuster -> die Druckform und Pressform der Scheibe samt Zubehoer
    ist Eigentum der Plattenfirma und darf nicht nachgeahmt werden.
- Markenrecht -> Plagiate und Nachempfindungen sind nicht erlaubt, weil 
    damit die Marke des Herstellers ausgenutzt oder beeintraechtigt waere.
- Werk(e) im Sinne des Urheberrechts -> der Urheber hat alle Rechte
    am Werk und darf dessen Verwertung und Nutzung kontrollieren.

Dinge die zum Umgang mit dem Datentraeger noetig sind:

- Kopierschutz i.S.d. Urheberrechts -> das Vervielfaeltigen des Werkes
    ist durch gewisse technische Massnahmen erschwert, die Umgehung
    dieser Massnahmen kann strafrechtlich relevant sein (wobei bei
    bestimmten Audio CDs breits ein Overhead-Marker als Werkzeug ausreicht).
- Urheberrechtsschutz auf Programme und Halbleiter die an der Decodierung
    beteiligt sind auf die kein Patent besteht -> Dokumentation zur
technichen 
    Realisierung kann man bei Goodwill vom vom entwicklendlen Unternehmen
erhalten.
    (In der Praxis z.B. eine restriktive Software-Lizenz fuer z.B. CSS
Software.)
- "Schutz" durch nicht oeffentliche Verfahren -> jede Person die Wissen
    ueber Internas eines technischen Geraets erlangt und diese mitteilt
    kann zur juristischen Zielscheibe wegen "Geheimnisverrats" werden.
- Patentschutz auf im Werk eingebettete oder zum Abspielen des Werkes
    notwendige Verfahren und Hilfsmittel -> Pat.-Lizenzpflicht fuer Nutzer,
    des oeffentlich bekannten Verfahrens.
    (Weiterhin existieren noch Patente auf CD und DVD Herstellungsverfahren,
    Schreib/Lese-Systeme, Datenformate und andere verknuepfte Bereiche.)

Die obige Aufstellung erhebt natuerlich keinen Anspruch auf
Vollstaendigkeit.

Kopierschutz ist als ein Teilbereich des Urheberrechts realisiert.
Patentschutz dagegen ist eine eigentaendige und anderst geartete Form.
Ueber eine gegenseitige Vernetzung beider Bereiche ist mir nichts bekannt,
und dahingehend ist meine Einrede zu verstehen wenn hier evtl. Patente 
mit Kopierschutz in einen Topf geworfen wurden. 

Bemerkenswert ist vor allem, dass die Industrie es innerhalb von wenigen
Jahren erreicht hat, dass nicht mehr nur die Information, also das Werk
geschuetzt ist, sondern dass mehr und mehr der Umgang, also die Verwertung
und Nutzung des Werkes unabhaengig von seinem trivialen oder komplexen 
Informationseigenschaften mit Rechten fuer die Hersteller (ungleich 
Rechteinhaber) zugepfalstert wurde und dies fortwaehrend zu Lasten
des Konsumenten. Die Problemfaelle der heutigen Zeit finden sich somit
ueberwiegend in der zweiten Kategorie der Aufstellung.

Ich betrachte es mal als ein im digitalen Zeitalter sehr
dringliches Problem, dass der Gesetzgeber zwar dafuer gesorgt
hat, dass die Patentinhalte frei zugaenglich sind, aber dass
deren Nutzung bzw. Lizensierung in einzelnen Faellen absolut
unfrei ist und somit das Patent in seiner Anwendung durch die
Industrie und dem Einzelnen sehr stark verknappt werden kann.
Eine Pflicht zur zwangsweisen Zugaenglichmachung fuer Verwerter
oder zu anderen Form der Verwertung und oder Einheitslizenz.

> > Das passende Gesetz gibt es derzeit nur in den USA.
> > Und ja, es bannt jegliche Verbreitung zu technischen
> > Informationen die beitragen koennten diese Sperren zu 
> > umgehen und somit doch wieder Kopien zu ermoeglichen.
> 
> Das gibt es auch in Deutschland, wenn auch weniger explizit.

Es greift das originale Copyright. Hier in Deutschland gibt es
weiterhin die Rechtsinterpretation von einem Original und 7 Kopienen 
im privaten Bereich einschliesslich Weitergabe an Bekannte.

Man sollte den vielen Kuenstlern mal mitteilen, dass sie bei einer
kopiergeschutzten CD nur noch das moralische Recht auf 1/8 ihrer
bisherigen Entlohnung haben. Dann waere die nach eigenen Worten
doch so auf das Wohl der Kuenstler bedachte Musikindustrie ganz
schnell in einem grossen Erklaerungsnotstand. Mir ist noch nicht
aufgefallen, dass Plattenlaeden eine Musik-CD die kopier geschuetzt
ist ab sofort nur noch fuer 1/8 des ueblichen Preises anbieten...

> Ups, habe ich was versaeumt, was ist denn der Artikel bzgl. JPG
> anderes als ein entsprechender Anspruch ?

Es ist ein Anspruch. Tut mir leid wenn ich da anderst verstanden
werden konnte. Das Problem ist nur, dass sich eine ganze Branche
nun schon bald ein Jahrzehnt mit dieser Technik arrangiert hat.
Dies legt doch wiedrum offen, wie schwer es selbst fuer die Inhaber
des Patents war ueberhaupt seine Bedeutung zu erfassen, und erst
recht fuer Otto-Normalverbraucher darueber Kenntnis zu erlangen.
Ein Grund mehr gegen die Ausweitung der Patentierbarkeit auf Software.

Man stelle sich vor, irgend ein arabischer "Irrer" waere im Besitz
dieses Patents... Er wuerde einfach hergehen und schlicht allen in
der industrialisierten Welt zunaechst erstmal die Nutzung seines 
Patents untersagen und damit fuer recht massive Stockungen in unserer
Infratsturktur sorgen. In der zweiten Phase gibt es dann Vorzugslizenzen
fuer alle seine Guenstlinge und Lizenzen mit Extremforderungen fuer
das Gros der restlichen westlichen Welt. Der Aufschrei waere riesig...

Tja, solange es ein Unternehmen macht, das brav seine Steuern 
und seine Politiker im eigenen Land bezahlt sieht man solche 
Dinge wohl vollkommen anderst von hoeherer Stelle. (siehe auch
Haltung der westlichen Industrinationen zu Patenten auf AIDS
Medikamente und deren teilweise Ausserkraftsetzung in dritte-Welt
Laendern.)

> > Eine Mail (besser Briefpost) mit der Bitte 
> > um Zusendung der Bedinungen (=Angebot) koennte man sich als 
> komerzieller 
> > Anbieter von Produkten die den Encoder/Decoder enthalten evtl. schon
> > erwaegen.
> 
> Hatte ich ja bei Dolby probiert und bin auf Unwillen gestossen.
> Ich haette mich auch gewundert, wenn es anders waere.

Danke fuer den Beitrag aus der Praxis.
Ich denke diese Erfahrungen liefern schon enige Argumente
um Initiativen zu einer Verbesserung der Situation anzugehen.

Gruss Alex.


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