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Re: Stand der Dinge in Sachen Softwarepatente



> > Solche Fragen würden wiederum auch nicht viel Schaden anrichten, wenn
> > man dabei im Auge behält, was mit der Frage eigentlich bezweckt wird,
> > nämlich die Erklärung des ganzen Kontextes.  Aber dies behält AHH
> > nicht im Auge. Deshalb muss ich hier etwas kleinlich darauf bestehen,
> > dass "Programm als solches" in diesem Satz ebenso wie "es" in "es
> > regnet" keine in sich geschlossene semantische Einheit ist und die
> > spitzfindigen Definitionsdebatten daher gegenstandslos sind.
>
> Aber warum hat sich denn der Gesetzgeber die Muehe gemacht, extra
> einen neuen Absatz (3) im Gesetz (§ 1 PatG) dafuer zu spendieren,
> wenn es "keine in sich geschlossene semantische Einheit ist und die
> spitzfindigen Definitionsdebatten daher gegenstandslos sind"?

Er wollte der (in München 1973 durch Gezeter von FICPI und UK-Delegation
hochgespielten) Befürchtung vorbeugen, dass durch formalistische
Auslegung Gegenstände als Nicht-Erfindungen angesehen werden, die
eigentlich gar keine bloßen mathematischen Methoden, Programme etc sind.

S. dazu die Konferenzakte

	http://swpat.ffii.org/papiere/muckonf73/

Es handelte sich hier um den erlösenden Kompromissvorschlag der deutschen
Delegation, der alle glücklich machen sollte.

> Irgendwas spezifisches wollte der Gesetzgeber mit dem "als solches"
> ausdruecken; es ist jedoch vollkommen misslungen.

Es ist immer schlecht, wenn redundante Aussagen zu diplomatischen Zwecken
in Gesetze hineingeschrieben werden.

Eine Schwäche meiner Gesetzesauslegung liegt darin, dass ich Art 52(3) als
redundante Aussage verstehen muss.  Allerdings ist das noch immer besser
als wenn man gezwungen ist, Art 52(2) oder gar den ganzen Art 52 als
unverbindlichen Begriffsschrott zu interpretieren.

> > Die EPA-Prüfungsrichtlinien von 1978
> >
> >  http://swpat.ffii.org/papiere/epo-gl78/
> >
> > sprechen da auch eine klare Sprache.
>
> Die EPA-Prüfungsrichtlinien von 1978 sind moeglicherweise ein
> historisches Zeugnis dafuer, dass man damals einige Dinge etwas
> anders gesehen hat. Ansonsten sind sie als originaere Rechtsquelle
> ein Nullum. Das Herumreiten auf den RiLi Jahrgang Anno 78 fuehrt hier
> ueberhaupt nicht weiter.

Eingentlisch richtig.

Gesetzesauslegung stützt sich bekanntlich auf

	1 Gesetzeswortlaut
	2 Rechtssystematik
	3 Gesetzesziele
	4 Gesetzgebungsgeschichte

und es sollte möglichst nicht nötig sein, Stütze Nr. 4, die Geschichte, zu
bemühen. Meistens sollte der Wortlaut ausreichen.

Da aber Horns und andere, die in Art 52 EPÜ am liebsten einen Haufen
Begriffsschrott sehen möchten, sich gezwungen sehen, auf Stützen Nr. 3 und
4 zurückzugreifen, kursieren sehr viele Mythen.  Z.B.

  1 der Gesetzgeber habe beabsichtigt, alle neuen Gebiete der Technik
    mit Patenten anzuspornen
  2 der Gesetzgeber habe 1973 nichts von Informatik verstanden und
    daher nur einen Haufen Begriffsschrott erzeugt

Mythos 1 wird von EPA und BGH bevorzugt.  Mythos 2 findet sich in allen
Texten von PA Axel Horns und auch vielen von PA Axel Pfeiffer ebenso wie
in zahlreichen patentanwaltlichen Stellungnahmen bei der EU-Konsultation.

Da Horns u.a. inzwischen längst eines besseren belehrt wurden, kann ich
in ihrem weiteres Herumreiten auf historischen Mythen nur einen
Lügenversuch sehen, dem ich durch zitieren von Zeitdokumenten wie z.B.
den EPA-Rili von 1978 begegnen muss.

Dabei muss ich erneut festhalten:  ich rechtfertige meine Position weder
durch historische Auslegung noch durch Postulierung eines rechtlichen
Status Quo.  Es kommt nicht darauf an, einen Status Quo von 4 Millionen
Arbeitslosen oder 30000 Swpat zu wahren, sondern etwas für Freiheit,
Innovation und Fortschritt auf diesem Kontinent zu tun.

-- 
Hartmut Pilch, FFII e.V. und Eurolinux-Allianz            +49-89-12789608
Innovation vs Patentinflation                       http://swpat.ffii.org/
120000 Stimmen 400 Firmen gegen Logikpatente    http://www.noepatents.org/



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