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Re: "Copyrightfaschisten" und "Antispamfaschisten"



Hallo Liste,

Sunday, August 25, 2002, 5:11:55 PM, PILCH wrote:

> ... Im Bereich
> der Filmemacherei ist es noch krasser:  Filme kommen nie als Nebenprodukte
> von etwas anderem heraus.  Wer den proprietären Filmemarkt austrocknet,
> zwingt damit alle Filmemacher an den Tropf staatlicher Kulturförderung.

Oh bitte, da sollte sich zunaechst einmal informieren, wie und von
wem Filme grundsaetzlich finanziert werden und welche Auswirkung
das auf das Erzeugnis hat, zumal die Situation in Deutschland, wo
es zumindest auf dem Papier eine Filmfoerderung gibt [1], und den
USA unterschiedlicher kaum sein koennte.

> Nicht dass letztere schlecht oder unnötig wäre, aber es kann nicht im
> Interesse der Allgemeinheit liegen, eine Möglichkeit der
> staatsunabhängigen Existenz von Kultur zu vernichten.

Die Probleme in Hollywood (wo man immer oefter alles "auf eine Kar-
te setzt [3]) sind hausgemacht und existierten schon, als Framegrab-
ber oder private Internetanschluesse noch unbezahlbar waren. Inzwi-
schen dreht sich die Spirale hoechstens etwas schneller, die Lern-
bereitschaft der Filmindustrie ist allerdings durchaus mit der der
Musikindustrie vergleichbar - ebenso wie die Situation. Aus dem Kul-
turgut Film ist in den letzten Jahren ein flaches Wegwerfprodukt in
einem hart umkaempften Freizeitguetermarkt geworden, das von den
Konsumenten zunehmend auch als solches betrachtet wird. Nein, "Film-
wirtschaft" und "Filmfoerderung & Kultur" sind Bereiche mit einer
immer kleiner werdenden Schnittmenge. Im Gegensatz zum Kinomagazin
von McDonalds (beim naechsten Besuch bitte reinschauen, von wem das
produziert wird, notfalls mitbringen lassen) bietet das Netz (noch)
phantastische Moeglichkeiten zur Kulturbildung, man muss sie nur
nutzen (wollen). Die Eigendynamik des Netzes mit all ihren negati-
ven Folgen [5] ist mir im Zewifel grundsaetzlich immer noch lieber
als der Regulierungswahn globaler Unterhaltungsdesigner [4].


MfG
 Olaf, ./fx3

[1] http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,198545,00.html
    "2,5 Millionen für (9) Spielfilmprojekte" [2]
[2] http://www.oiwarning.de/ ist ein gutes Beispiel fuer die Film-
    foerderung in Deutschland. Urspruenglich war das Thema wohl zu
    brisant, die beiden Autoren zu unbekannt und die Sache somit
    zu suspekr: Man lehnte im Vorfeld jegliche Foerderung ab, statt-
    dessen werden in Deutschland Projekte gefoerdert, wo zumindest
    ein etablierter Filmemacher oder ein TV-Sendern im Hintergrund
    als Absicherung gilt [1]. Das mag einer nach Einspielergebnisse
    errechneten Erfolgsbilanz foerderlich sein, mit Kulturfoerde-
    rung hat das imo aber nur wenig zu tun. Erst als "OiWarning!"
    zum (kleinen, angesichts der Kopienzahl und Ausgangslage aber
    mehr als beachtlichen) Erfolg wurde und vor allem auch interna-
    tional sehr gute Kritiken bekam, wurde der Film "nachgefoerdert"
    und die Filmfoerderung schmueckte sich medienwirksam mit den
    beiden Produzenten ...
[3] Konzentration auf wenige "totsichere", aber teure Blockbuster;
    wenige Topstars als Erfolgsgaranten, die inzwischen irrwitzige
    Summen fordern koennen;
    moeglichst keine Experimente;
    moeglichst massenkompatibel ohne irgendwo Reibung zu erzeugen.
    Mit etwas Glueck koennen die 2 Blockbuster & 4 Trashfilme pro
    Jahr und grosem Studio 10 oder mehr lieblos zusammengeklatschte
    Fuellfilme subventionieren.
[4] "[...]Das neue Medium ist nicht mehr auf Vermittler wie Verlage,
    Sender, Zeitungen oder die Musikindustrie angewiesen. Im
    Internet wird eine 'Massenkommunikation' von Individuum zu
    Individuum möglich. Auf diese Entwicklung hin zur 
    Nutzerkontrolle sind wir bisher nicht vorbereitet.

    Wir müssen neue Regulierungsmechanismen entwickeln.[...]"

    Dr. Marcel Machill, Jens Waltermann: Verantwortung im Internet,
    Jugendschutz und Selbstregulierung; Verlag Bertelsmann Stiftung,
    Gütersloh 2000; Seite 9f.
     

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[5] "Der Tausch von mp3s zerstoert die Nachwuchsarbeit. Bald haben
junge Kuenstler wie Oli P. und Bluemchen keine Chance mehr entdeckt
zu werden. Leute, tauscht mehr mp3s!" (Titanic, iirc)


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