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Re: CompuServe-Chef vor Gericht



Aalso, 

Sieber ist als Gutachter für die Verteidigung tätig, wurde in den Nachrichten 
bekannt gegeben. Er ist der Meinung, dass Newsgruppen nicht kontrollierbar 
sind. Weiterhin muss das Gericht das aktuelle Recht anwenden, weil es das 
mildere Recht ist. D.h. es muss entweder TDG oder MDStV angewendet werden.

Nur die Interpretation der Bundesanwaltschaft - vorbehaltlich der 
mir unbekannten Details des Somm-Falles - erlaubt hier überhaupt 
eine Anklage.

Meine Meinung und die Meinung von FITUG dazu ergibt sich aus dem 
angehängten Statement, dass anlaesslich der Einstellung des DFN -Verfahrens
geschrieben wurde. Ich werde die PE an den Fall Somm anpassen, sobald 
ich mehr Details des Falles habe. Weiterhin wird eine Erklärung zum 
Somm - Fall auf GILC - Ebene betrieben. Diejenigen, die sich dafür 
interessieren, bitte ich, sich auf die Members-Liste zu begeben.

Gruss 

Rigo


snip--------------------------
GILC - Erklärung zur Einstellungsverfügung der Bundesanwaltschaft 
im Verfahren gegen den DFN [DRAFT]

Die Global Internet Liberty Campaign ist eine weltweite Organisation von
Menschenrechts-, Bürgerrechts- und Internetgruppen, die sich den Schutz
der Informationsfreiheit zum Ziel gesetzt hat. Die unterzeichnenden
GILC-Mitglieder möchten ihre tiefe Besorgnis über die Entwicklung im
Bereich der Meinungs- und Informationsfreiheit in Deutschland zum
Ausdruck bringen. 

Offen fordert die Bundesanwaltschaft ein Proxy-Server-basiertes
Kontroll-System namens "Web-Block", wie es im extrem restriktiven
Singapur zum Einsatz kommt. Darüber hinaus geht die Bundesanwaltschaft
nach wie vor von einer Strafbarkeit der Internet-Service-Provider für
weltweite Inhalte aus. Sie mißt alle weltweit verfügbare Information in
all ihrer kulturellen Vielfalt am deutschen Recht. Dies geht aus
der Begründung zur Einstellungsverfügung hervor, die das
Ermittlungsverfahrens gegen Verantwortliche des DFN-Vereins abschließt.
Der DFN-Verein hatte es als sinnlos und unmöglich angesehen, den Server
xs4all.nl zu sperren, auf dem die in Deutschland verbotene Zeitschrift
Radikal zugänglich ist. 
(http://www.dfn.de/dfn/erklaerungen/sperrung.html)

"Web-Block" gegen Informationsfreiheit



Weil die Sperrung einzelner Seiten bisher nicht möglich war, versuchten
einige Provider im Rahmen der Vorgänge um Radikal sogar, den ganzen
Server xs4all.nl mit all seinen über 6.000 Angeboten zu sperren.
Darunter waren auch die Seiten von Radio B92 aus Sarajevo und eine
Meldestelle für Kinderpornographie. Die Sperrung ganzer Server verstößt 
gegen das von der Verfassung geforderte Verhältnismäßigkeitsprinzip. 
Die Sperrung ist durch technische Maßnahmen auf Seiten von xs4all und
durch die massenhafte Spiegelung der Radikal gescheitert. Durch die
Sperrungsversuche und die anschließende Spiegelung hat sich die
Bekanntheit der Zeitschrift Radikal schlagartig vervielfacht. Es wurde
das genaue Gegenteil von dem erreicht, was eigentlich Ziel der Aktion
war. Den gleichen Schiffbruch erlitt man bei dem Versuch, den Zugang zur
Seite des Rechtsradikalen Zuendel zu unterbinden. 

Dies versucht man durch "Web-Block" zu umgehen, damit man einzelne
unliebsame Seiten mit einem Feinfilter, sperren kann. Ziel von
"Web-Block" ist es, Inhalte, die nach deutschem Recht strafbar oder
rechtswidrig sind, von deutschem Territorium und damit von deutschen
Nutzern fernzuhalten. Es geht um eine Abschottung von Informationen aus
anderen Ländern. Der deutsche Nutzer, der Rezipient, soll Informationen
nicht erhalten. Im Ursprungsland war die Information im vorliegenden
Falle legal. Sie bleibt damit weiter allgemein zugänglich. Der
ausländische Anbieter kann in dieser Situation von den deutschen
Behörden gerade nicht an der Verbreitung gehindert werden. Es wird für
den Rezipienten eine deutsche Informationsinsel geschaffen, die
verhindert, daß gerade auch eine andere Sicht der Dinge für den
deutschen Nutzer sichtbar wird. Davon sind insbesondere solche
Informationen betroffen, die in anderen Mitgliedsstaaten der EU legal
sind. 

Die Versuche der Sperrung solcher Inhalte fördern die unliebsamen
Inhalte, während die avisierten Maßnahmen vor dem Hintergrund von Art. 5
GG und Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention als äußerst
bedenklich erscheinen. Es sei daran erinnert, daß jeder Deutsche das
Grundrecht aus Art. 5 Abs.1 GG hat, sich ungehindert aus
allgemeinzugänglichen Quellen zu informieren. 

Das BVerfG führt hierzu aus:
	"Denn nur umfassende Informationen, für die durch ausreichende
	Informationsquellen Sorge getragen wird, ermöglichen eine freie
	Meinungsbildung und -äußerung für den Einzelnen wie für die
	Gemeinschaft. Schließlich trägt eine freie Presse dazu bei, 
	durch umfassende Informationen den Bürgern die Aufgabe zu 
	erleichtern, sich Meinungen zu bilden und politische 
	Entscheidungen zu treffen" (BVerfGE 20, 162 (174)); 
	und "Ein demokratischer Staat kann nicht ohne freie und
	möglichst gut informierte öffentliche Meinung bestehen." [...] 
	
	[Die Informationen] "verlieren die Eigenschaft als allgemein 
	zugängliche Quelle auch dann nicht, wenn durch staatliche Maßnahmen 
	wie Einziehungen, Importverbote oder -beschränkungen die 
	Möglichkeit des allgemeinen Zugangs beeinträchtigt wird. 
	Solche Beschränkungen, die dem ungehinderten Zugang zur 
	Informationsquelle entgegenstehen, beseitigen
	nicht die Allgemeinzugänglichkeit."

Dieses Recht auf Zugang zu Information, dieses demokratisch hohe Gut,
wird in der bisherigen Abwägung kaum beachtet. Es geht bei fast allen
bisherigen Fällen um Informationen, die im Ursprungsland legal sind.
Art. 5 Abs.1 GG schützt nicht nur die Presse, sondern auch und gerade
die neuen Medien und ihre Nutzer.

Eine Kontrolle durch einen Proxy-Server würde dazu führen, daß jede
Information, die von Deutschland aus im Ausland abgerufen wird vorher
eine a priori - Kontrolle in diesem Server durchlaufen würde. Ob diese
staatlich organisiert ist oder vom Staat dem Provider verpflichtend
überbürdet wird, macht keinen Unterschied. 

'Web-Block' ist als Mittel in einer demokratischen Gesellschaft undenkbar.

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Eine Auswahl von Dokumenten hierzu:

Die Einstellungsverfügung:
http://www.jura.uni-sb.de/jurpc/rechtspr/19980017.htm

Die Erklärung des DFN:
http://www.dfn.de/dfn/erklaerungen/sperrung.html

Die Erklärungen des Providers XS4ALL:
http://www.xs4all.nl/spotlight/blokkade_e.html

Ein Presseüberblick:
http://www.comlink.de/nadir/archiv/Medien/Zeitschriften/radikal/netzzensur/

Die Stellungnahme von FITUG bei Aufnahme des Verfahrens:
http://www.fitug.de/news/presse1.html

Die Mirror-sites der Radikal:
http://www.xs4all.nl/~tank/radikal/mirror.html

snap-----------------------------


At 13:21 14.05.98 +0200, Josef Dietl wrote:
>At 11:35 14.05.98 +0200, Boris Groendahl wrote:
>>Holger Veit <Holger.Veit@gmd.de> at 1998.05.14 11:00:
>>
>>>Das lese ich aber anders. Auch ein /var/spool/news ist nichts anderes
>>>als ein Cache nach untenstehender Definition.
>>
[....]
>
>Ich fürchte, der entscheidende Unterschied ist, dass es "nur" zigtausende
>Newsgroups gibt, aber im Vergleich dazu zig Millionen (also etwa 1000*
>soviele) Websites. Newsgroups _können_ aus diesem Grund manuell an- und
>abgeknipst werden, im Gegensatz zu Websites. Abgesehen davon sind die
>Newsgroups thematisch-hierarchisch angeordnet, was pauschal-Urteile
>zumindest einfacher macht - ohne Aussage über die Genauigkeit.
>
>Josef