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Re: [FYI] Provider gehen gegen Sofortsperrungen in die nächste Runde



Ich finde das Urteil zum abgewöhnen. Es geht zwar nur um die
Vollziehung, aber die setzt einen sehr starkes Präjudiz für die 
Hauptsache. 

Allein die Aussagen des Rechenzentrumsleisters sind
ein Angriff auf die Netzinfrastruktur. 

Wir wissen alle, dass Rechenzentren gerne mit Zwangsproxies 'rumfingern,
weil sie dann Geld sparen. Denen ist es meist auch egal, dass die Dinge
dann nicht mehr funktionieren. 

Weiterhin werden alle Service-Provider, die Web anbieten, nun als
Mediendienste bezeichnet. Der MDStV wird auf alle Inhalte des Web
unterschiedslos angewendet, auch wenn diese Seiten schon nicht in seinen
Anwendungsbereich fallen, denn weder Seiten noch Anbieter dieser Seiten
befinden sich in NRW.

Die schwierige Problematik um die Freiheit der Rezeption von Information
wird einfach weg gewischt mit dem Argument, ein allgemeines Gesetz sei
ja da. (die freiheitsfeindliche und extrem extensive Interpretation des 
MDStV interessiert dagegen nicht bzw wird wiederholt) Es wird nicht mit
einem Satz argumentiert oder die Interpretation von Büssow in Frage
gestellt. (Siehe dazu auch meine vorherigen Statements [1],[2] etc..)

Bisher habe ich aus politischer Ecke immer gehört man solle das nicht so
ernst nehmen. Büssow sei ein Einzelfall in der Verwaltung. 

Nun ist der Einzelfall erstinstanzlich abgesegnet. Das bedeutet, dass
auch die Justiz freiheitsfeindlich geworden ist. (wenn sie es nicht
immer schon war). Das Gericht gibt sich damit zufrieden, dass ein
Projekt-Teilnehmer am Sperrungsprojekt erzählt, "es müsse theoretisch
möglich sein" zu sperren. Versucht habe man es allerdings noch nicht. 
Es wird also inzwischen verlangt, was 'theoretisch' möglich ist. Der
Fall Singapur zeigt mehr als deutlich, dass diese Theoretiker in der
Praxis versagen werden.

Das Notventil des Art. 5 wird verkannt. Man kontrolliert alle meine
Anfragen im Netz und verkennt mein Recht, mir solche Dinge anzusehen.
Ich werde als Bürger entmündigt. (Siehe obige Quellen inclusive dem
alten thread für meine ausführliche Argumentation)

Ein Kernsatz des Urteils ist, dass das Gericht anerkennt, dass es Jahre
dauern kann bis eine endgültige Entscheidung getroffen ist. (Das ist 
schon in sich ein Verstoss der Justiz gegen die europäische
Menschrechtskonvention und eine Verweigerung rechtlichen Gehörs)

Dann steht in Frage, wer das von der Justiz verursachte Risiko zu tragen
hat. Vor der unklaren technischen Lage, vor der Wahl zwischen Freiheit
und Restriktion entscheidet das Gericht für eine sofortige Vollziehung
einer unklaren Situation. 

Das kann und darf einen nicht gleichgültig lassen. 

Nach Compuserve ist dies der zweite Fall, indem die Justiz sich direkt
an einem Affront gegen die Netzwelt und ihre Bewohner beteiligt. Zum
zweiten Mal werden wirklich grundlegende Prinzipien der Freiheit
missachtet. 

Büssow kann die Seiten in den USA nicht verbieten. Also hält er uns die
Augen zu und die Justiz macht mit. Warum erinnert mich das bloss an eine
dunkle Zeit als die Leute nicht AFN/BBC hören durften und die Justiz
diejenigen bestrafte, die erwischt wurden? 

Hier wissen sie selber nicht, wie's geht, aber verpflichten andere unter
Strafe das zu tun, wovon sie selber nicht wissen, ob es möglich ist.

Leider hat das Gericht den wirklichen Sinn des Konflikts überhaupt nicht
verstanden. Die vielen Worte des Urteils helfen dabei auch nicht weiter.

Als Provider würde ich Nordrhein-Westphalen verlassen und die Services
von aussen anbieten. Ich frage mich, ob Büssow dann auch die Leitungen
nach Hessen sperren lässt.

Die SPD in NRW ist aufgefordert den Worten auch Taten folgen zu lassen.
Informationsgesellschaft ist mit solch einer Bezirksregierung eine
Illusion. Diese BezReg. wird immer dafür sorgen, dass die Resourcen in
eigene BezReg.-hausgemachte Konflikte investiert werden müssen anstatt
in die Umsetzung neuer Technologien. (die dann neue Konflikte mit der
BezReg. aufbringen.)


  1. http://www.fitug.de/debate/0110/msg00619.html
  2. http://www.fitug.de/debate/0202/msg00468.html
-- 
Rigo


On Fri, Jan 10, 2003 at 09:44:34PM +0100, Axel H. Horns wrote:
> http://www.heise.de/newsticker/data/anw-10.01.03-005/
> 
> --------------------------- CUT -------------------------------
> 
> Provider gehen gegen Sofortsperrungen in die nächste Runde  
> 
> In der Mehrzahl der von Providern in Nordrhein-Westfalen 
> angestrengten Verfahren gegen die sofortige Sperrung von zwei Nazi-
> Seiten haben die Verwaltungsgerichte in Arnsberg, Minden, Düsseldorf 
> und Gelsenkirchen zugunsten der Düsseldorfer Bezirksregierung 
> entschieden. Zumindest ein harter Kern der Provider gibt sich 
> allerdings noch nicht geschlagen. Ingesamt sechs Beschwerden liegen 
> schon jetzt dem Oberverwaltungsgericht in Münster vor. Dort wird der 
> für Medienrecht zuständige 8. Senat laut Auskunft des zuständigen 
> Pressedezernenten Bernd Kampmann "in den kommenden Monaten" über die 
> Sofortsperren entscheiden.  
> 
> [...]  
> 
> --------------------------- CUT -------------------------------
> 
> 
> 
> -- 
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