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Re: Deja.COM baut Werbung in Deine Postings



On Wed, Jul 19, 2000 at 04:23:54PM -0000, Kristian Koehntopp wrote:
> In schulung.lists.fitug-debate you write:
> >On Wed, 19 Jul 2000 14:48:14 +0200, Kristian Koehntopp wrote:
> >> da sie diejenigen sind, die eine Lizenz von mir benoetigen,
> >> um meine Werke nutzen zu duerfen
> 
> >Copyright an Usenet-Artikeln? Also so einen Blödsinn hätte ich von dir nun
> >wirklich nicht erwartet.
> 
> Einem Werk ist es ziemlich egal, wie es initial verbreitet wird.

Über diese Brücke gehe ich nicht. 

> Es ist, sofern es eine gewisse Mindestschoepfungshoehe erreicht,
> ein Werk und damit urheberrechtlich geschuetzt. 

Ein wahrer Satz, isoliert betrachtet.

Um ein solches
> Werk nutzen zu koennen, wofuer auch immer, musst Du entweder der
> Urheber sein, oder eine Nutzungslizenz erhalten haben. Diese
> Lizenz kannst Du entweder implizit bekommen, oder sie explizit
> erteilt bekommen.

Die Lizenz brauche ich nur, wenn das Werk nicht Gemeingut 
ist. Die Lizenz ist ein Vertrag mit dem Urheber oder Rechte-
Inhaber. Wenn der Urheber sich mit Hinblick auf die Gemeinschaft 
seiner Rechte begeben hat, dann braucht es keine Lizenz mehr. 
Diese Widmung könnte durch das Posten ins Usenet 
erfolgt sein. Nur noch Urheberpersönlichkeitsrechte an diesem 
Werk bleibt beim Urheber bestehen (Für Rückruf gibt es dann 
Schadensersatz, negatives Interesse AFAIK).
> 
> Eine Schoepfung von irgendetwas wird zu einem Werk, wenn sie
> eine Mindestschoepfungshoehe erreicht. Diese Mindesthoehe ist
> relativ niedrig angesetzt. Bei einem Text wird sie schon dann
> erreicht, wenn der Text einen geschlossenen Gedanken wiedergibt
> oder eine geschlossene Argumentation durchfuehrt. Diese Mail zum
> Beispiel erfuellt dieses Kriterium mit Leichtigkeit. Damit ist
> sie durch das Urheberrecht geschuetzt. Dazu ist in Deutschland
> und auch seit 1974 in den USA keine Anmeldung bei einem
> Copyright Bureau notwendig, und sie muss auch kein (C)-Zeichen
> tragen - sie erreicht den Schutz einfach so Kraft ihrer
> Schoepfung.

Über diese Brücke gehe ich auch nicht. Es bedarf einer gewissen 
"Originalität". Die ist im Einzelfall festzustellen. Bei der 
hier gequoteten Mail habe ich meine Zweifel. Wenn Du es in Perl 
geschrieben hättest, wäre es ein Computerprogramm und diese 
sind fast ohne Schöpfungshöhe geschützt.
> 
> Indem ich diese Nachricht an eine Mailingliste sende, erteile
> ich dem Betreiber der Liste implizit die Lizenz, diese Nachricht
> zu kopieren und sie an die Subscriber weiterzuverteilen. Auch
> die Subscriber dieser Liste haben automatisch die notwendigen
> Nutzungsrechte an dieser Mail, die sie brauchen, um sie im
> Rahmen der Diskussion hier verwenden zu koennen. Sie haetten sie
> sogar dann, wenn ich sie ausdruecklich verweigern wuerde: "Fair
> use" im Sinne des Copyright erlaubt die Erstellung von Kopien
> und Zitaten zum Zwecke der Argumentation und Fuehrung von
> Diskussionen sowie deren Dokumentation im Rahmen entsprechender
> Arbeiten.

Die Mailing-Listen gehen an einen bestimmten Adressatenkreis, 
Usenet geht an einen unbestimmten Adressatenkreis. Deine 
Argumentation ist selbst im Bereich von Droit d'Auteur 
sehr sehr wackelig...
> 
> Indem ich diese Nachricht an eine Mailingliste sende, erteile
> ich dem Betrieber der Liste und auch den Subscribern nicht die
> Lizenz, ploetzlich auf den Gedanken zu kommen, Artikel aus einer
> Diskussion hier im Rahmen eines Buches zu nutzen - Slashdot hat
> dies im Rahmen der Hellmouth-Diskussion von Jon Katz versucht
> und ist von den Andover-Lawyers zturueckgehalten worden.

Das ist in Deutschland streitig. Nutzen darf man den Artikel 
in einem Buch sicherlich. Die Frage ist, ob man ihn reproduzieren 
darf.
> 
> Was Deja im Normalbetrieb macht, ist schon fragwuerdig: Sie
> sammeln meine USENET-Postings ein und basteln HTML-Seiten
> daraus. Das ist eine Vervielfaeltigung meiner Werke ohne Lizenz,
> aber das habe ich bisher zum groesseren Nutzen der Gemeinschaft
> toleriert. 

Wenn Du Droit d'Auteur annimmst, dann hättest Du vielleicht eine 
Chance aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht. Da die Berner Übereinkunft 
Dir aber allenfalls eine Gleichbehandlung mit dem Inländer gibt, 
glaube ich eher an eine Anwendung des Copyright. Damit werden Deine 
Chancen schlechter, weil es allein um die Vervielfältigung der 
Artikel geht. Ein Gericht müsste Deiner Argumentation folgen, 
dass Du Deine Artikel nur und genau nur für die Verwendung im 
Usenet dort veröffentlicht hast. Das ist unwahrscheinlich. 
> 
> Nun aber sammeln sie meine USENET-Postings ein und modifizieren
> meine USENET-Postings so, als wuerde ich fuer bestimmte Produkte
> werben oder sie gutheissen. Das ist nicht nur eine
> Vervielfaeltigung ohne Lizenz wie bisher, sondern zusaetzlich
> noch eine nicht durch mit autorisierte Modifikation meiner Werke
> (ein weiteres, sich aus dem Urheberrecht ableitendes Recht
> gesteht dem Autor eines Werkes eine gewisse Kontrolle ueber die
> Auffuehrung seiner Werke zu!). Daher habe ich Deja auf den
> Urheberrechtsverstoss nach DMCA aufmerksam gemacht und sie
> gebeten, meine Werke von ihrer Website zu entfernen sowie dafuer
> zu sorgen, dass sie in Zukunft keine weiteren Verletzungen
> meiner Rechte begehen. Wir werden sehen, was daraus wird - aber
> wieso soll der DMCA nur fuer die RIAA und MPAA nuetzlich sein?

Da es um Copyright geht, stellen sich zwei Fragen: 
1. Ist durch das Posten ins Usenet eine Begebung der Rechte erfolgt
2. Wenn man 1. verneint, dann ist die Frage, ob Deja sich nicht 
   auf "Fair use" berufen kann.

Meiner Einschätzung nach werden sie Dich einfach sang-und-klanglos 
löschen, zumindest nach dem ersten Anwaltsbrief. Erst wenn das 
Ganze massif gehäuft auftritt, wird sich deja.com weiter wehren.


Gruss

Rigo