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Re: Patent als Waffe gegen Kritiker



> Es wäre auch eine Idee, Schadensersatz für Verletzungen bei Open
> Source auf die Nutzung ex nunc, nach Anzeige des Rechts, zu
> beschränken.

Mit Akzent auf "Nutzung".  Entscheidend ist, dass gesetzlich festgelegt
wird, dass Publikation von Programmtexten im Internet keine
Patentverletzung darstellt und unter den Vorbehalt der forschungsbezogenen
Anwendung faellt.  Der "Opensource-Entwickler" ist normalerweise nicht als
Nutzer zu betrachten.  Auch ein Distributor nicht.  Patente sind
Nutzungsvorrechte, nicht Publikationsvorrechte.

Genau aus diesem Grund ist es auch unerlaesslich, dass Art 52.2c bleibt.
Denn daraus laesst sich leicht das Prinzip des Nutzungsrechts begruenden:
Das Programm selbst stellt nie eine Patentverletzung
dar.  Patentverletzend ist allenfalls sein Gebrauch.  Diese
Kompromissformel, die sehr weit auf die bestehende Rechtsprechung zugeht
und einen unmittelbaren bruchlosen Uebergang erlaubt, steht etwa in

	http://www.freepatents.org/adapt/useright/

zu lesen.  Bisher sind die fuehrenden Patentjuristen nie darauf
eingegangen.  Beim EPA erntete dieser Vorschlag, den J.P. Smets im
November 1999 vortrug, nur verachtendes Naseruempfen.  Dort wollte man
aufs Ganze gehen und fuehlte sich siegessicher.  Vielleicht sehen die
Patentlobbyisten ja jetzt etwas mehr Grund, nach Loesungen zu suchen.
Aber dieses Interesse sollten sie selber signalisieren.  Solange das nicht
vorhanden ist, sind Diskussionen wie die von Rigo hier angeregte leider
muessig, so sehr ich sie auch prinzipiell unterstuetze.
 
> An die Entwickler gerichtet: Der Patent-Pool der OS-Szene lässt immer
> noch auf sich warten. Ich glaube, es gäbe genügend gute
> Patent-Juristen, die das betreuen könnten. Die finanzielle Absicherung
> muss diskutiert werden. Aber bisher ist einfach nichts passiert.

Es gibt kein Subjekt, an das dieser Appell sich richten
koennte.  Wenn die Patentanhaenger wirklich Interesse daran haetten, dass
so ein Spiel in Gang kommt und damit die OS-Gemeinde in das Patentsystem
eingebunden wird, muessten sie geeignete Regeln dafuer schaffen.  Dazu
koennte z.B. gehoeren:

- Es wird auf Patentgebuehren verzichtet, zumindest solange das Patent
  unter einer OS-freundlichen Lizenz stehen, z.B.
  
  FPL:   die Innovation darf unter GPL verwendet werden.
  GPPL:  die Innovation darf nur in Systemen eingesetzt werden,
         die als ganzes frei reimplementierbar sind.

- Wer erfolgreich Einspruch gegen ein Patent fuehrt, erhaelt eine Praemie
  vom Patentinhaber. 

- Idealfall:  Das Pruefungssystem wird abgeschafft und durch obiges
  Invalidierungs-Anreizsystem ersetzt.  Dadurch entfallen alle mit
  Patenten verbundenen Gebuehren.

Da ich auf Seiten der Patentaemter nicht den geringsten Willen sehe, auch
nur in obige Richtung zu denken, halte ich auch hier eine Diskussion fuer
verfrueht, abgesehen davon, dass sie von dem aktuell anstehenden Thema
Technizitaet ablenkt.  Hierzu moechte ich immer wieder auf den Artikel von
Gert Kolle von 1977 hinweisen:

	http://swpat.ffii.org/vreji/papri/grur-kolle77de.html

Dessen Diskussionsniveau sollten alle Diskussionsteilnehmer erst einmal
(wieder) erreichen.  Das wuerde dann viele andere Diskussionen
erleichtern.

-phm