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Re: Trivialität qua Sequentialität



> > > Das Problem mit Swpat scheint mir zu sein, daß in unserer
> > > Informationsgesellschaft so auf gegenseitigem Fortschritt
> > > aufgebaut wird, daß sich ein nichttriviales Swpat entweder von
> > > vorneherein nicht auf die Leistung ausschließlich des Patentinhabers
> > > beziehen kann, oder aber diese Leistung durch den Fortschrit bald
> > > relativiert wird.
> > 
> > Es wäre interessant herauszuarbeiten, in wieweit das ein für Swpat
> > besonders kennzeichnendes Problem ist.
> > 
> > Gewiss ist die Innovation im Bereich der Informationsgüter noch stärker
> > kooperativ und sequentiell als woanders.
> 
> Ja, natürlich.
> 
> Der Unterschied zwischen Informationsgütern und Hardware ist, daß
> Informationsgüter dadurch enstehen, daß man den materiellen Träger
> wegabstrahiert.
> 
> Immer dann, wenn man den materiellen Träger wegabstrahieren kann, werden
> technische Probleme zu mathematischen. Und genau dann, kann man Teile
> als Black-Box behandeln und relativ einfach komplexe Dinge auf
> konstrukiven Wege erzeugen, wobei jeder einzelne Schritt einfach ist.
> 
> Deshalb ist es wesentlich einfacher ein Computerprogramm aus 100000
> Komponenten zu bauen als eine Maschine. Jeder der mit Lego gespielt hat,
> weiß, daß manche Konstruktionen nicht funktionieren, obwohl sie
> eigentlich funktionieren sollten, wenn jedes Teil ideal wäre. Praktisch
> haben Lager Spiel, Achsen verbiegen sich, ...  Man muß also
> experimentieren, was funktioniert, und das macht das ganze aufwendig.

D.h.
(1) selbst dort, wo etwas im Prinzip rechnerisch vorhersehbar erscheint,
    ist es das keineswegs.  "Rechnerische Vorhersehbarkeit" ist, so viel
    es auch daran zu interpretieren geben mag, durchaus das geeignete
    Kriterium zur Abgrenzung zwischen informatischer und technischer
    Problemlösung.    
(2) Der Mangel an Vorhersehbarkeit verhindert, dass es zum Muster der
    "sequentiellen Innovation" kommt, welches sich nach Bessen & Maskin
    (http://swpat.ffii.org/vreji/papri/patent-de.pdf)  besonders schlecht
    mit dem Patentwesen verträgt.	
		
> Deshalb sollten Patente nur auf Erfindungen erteilt werden, die nicht
> komplett von ihrem materiellen Träger abstrahieren können, die also die
> physikalischen Eigenschaften der Teile mit einbeziehen müssen.
 
.. und folglich auch an solchen physikalischen Gegenstände festgemacht
werden können.
  
> > > dieser Teile ist für sich wieder ein einfacher Akt. Das Problem mit
> > > der Patentierung ist, daß man entweder das Zusammensetzen oder alle
> > > Teile patentieren kann, also niemals irgendetwas, was längerfristig
> > > als wirklich nichttrivial gelten kann.
> > 
> > Es wird ja auch in Fällen wie RSA und MP3 meist nicht das komplexe
> > Verfahren patentiert, sondern einzelne Merkmale davon.  So kann es leicht
> > passieren, dass ein ansich nicht triviales Verfahren wie MP3 durch ein
> > ganzes bündel übermäßig breiter Trivialpatente "geschützt" wird, die dann
> > auch ein ganz unabhängig entwickeltes komplexes Verfahren wie OggVorbis
> > verhindern.
> 
> Das einzige an MP3, das vielleicht nicht trivial ist, sind die
> "psycho-acoustic aspects". 

Die waren aber m.W. schon vor der Patentierung des Verfahrens bekannt.

> Denn das finde ich eigentlich naheliegend:

> We claim:
>     1. Digital adaptive transformation coding method for the
> transmission and/or storage of audio signals, specifically music
> signals, wherein N scanned values of the audio signal are transformed
> into M spectral coefficients, wherein N and M are non zero integers,
> which are subdivided into frequency groups and then quantitized and
> coded, characterized in that:
> a quantitized maximum value of the spectral coefficients of each
> frequency group is used to define the coarse variation of the spectrum;
> the same number of bits is assigned to all spectrum values of a
> frequency group, wherein the number of bits depend on the quantitized
> maximum value of the respective spectral coefficient;
> the number of bits assigned to each frequency group being adjusted to
> insure a minimum number of bits to each frequency group such that, in
> view of psycho-acoustic aspects, quantification noise is masked for that
> frequency group; and
> if available after the preceding step, any additional number of bits are
> assigned to the individual frequency groups in correspondence to the
> quantitized maximum value occurring in the particular frequency group.
> 
> (http://www.delphion.com/details?pn=US05742735__)

Ebenso wie bei einigen Kryptopatenten In diesem Anspruch fehlt jegliche
Lehre darüber, wie denn nun diesen psychoakustischen Aspekten Rechnung zu
tragen ist.  Das wird offenbar als bekannt vorausgesetzt.  Beansprucht
wird nur eine sehr breite Klasse von Verfahren, in denen sich kaum eine
über das normale fachmännische Verhalten hinausgehende besondere Leistung
manifestiert.  Schwierig ist es lediglich, sich in die Materie so sehr zu
vertiefen, dass man den Überblick über all die vielen sequentiellen
Teilschritte bekommt.  Aber it dieser Schwierigkeit hat auch ein Nachahmer
zu kämpfen, solange ihm das ganz plumpe Abkupfern per Urheberrecht
verboten wird.

-phm