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Re: Datenschutz -- bitte um Beispiele!





Thomas Stadler schrieb:

> Am 11 Nov 2002 um 18:18 hat Thomas Riedel geschrieben:
>
> > >
> > > Daneben waere es aber viel wichtiger zu klaeren, wo die Daten denn
> > > herkommen (duerfen). Mit welchen Mitteln duerfen personenbezogene
> > > Daten erhoben werden? Jeder wie er lustig ist, mit beliebigen
> > > Mitteln?
> >
> > Genau.
>
> Dann werden die Spaeher und Hacker in Zukunft Hochkonjunktur haben.

Wo soll das noch alles hinführen ...

>
>
> > >
> > > Grundrechtsverzicht gibt es nicht.
> >
> > Selbstverständlich, vgl. etwa einschlägig zum Thema:
> >
> > Wolfgang Hoffmann-Riem, Informationelle Selbstbestimmung in der
> > Informationsgesellschaft: auf dem Wege zu einem neuen Konzept des
> > Datenschutzes, AöR 123 (1998), 513-540 (aE).
>
> Den Aufsatz von Hoffmann-Riem habe ich nicht gelesen und werde dies auch nicht tun.

Das ist ein Fehler.

>
> Die Diskussion, ob und wenn ja in welchem Umfang die Grundrechte zur Disposition
> des Grundrechtstraegers stehen, ist nicht ganz neu. Es gibt hierzu unterschiedliche
> Auffassungen, die im einzelnen sehr vielschichtig sind. Da die informationelle
> Selbstbestimmung aber gerade auch aus der Menschenwuerde abgeleitet wird, werden
> selbst die liberalen Hardliner hier mit einem Grundrechtsverzicht Probleme bekommen.
> Selbstverstaendlich ist da jedenfalls gar nichts.
>
> > >
> > > Das wird kaum geeignet sein, die Anfertigung von
> > > Persoenlichkeitsprofilen in beliebigem Umgang zu verhindern. Und
> > > genau das ist ja das Problem.
> >
> > Mit solchen schwammigen Formulierungen wie "in beliebigem Umfang" ist
> > argumentativ wenig zu bewegen.
>
> In beliebigem Umfang meint hier im denkbar weitesten Umfang, ganz nach Belieben
> desjenigen, der das Persoenlichkeitsprofil erstellen will. Was ist daran schwammig?

Was ist "beliebig"? Ein Eintrag im Filofax (beruflich genutzt), zwei Einträge, tausend?
Welche Grenze und welche Medien und Darstellungsformate wie festlegen? Was könnte eine
solche Entscheidung anderes sein als willkürlich und der "Maßstab" entsprechend
"schwammig". Hier würde ich gern nichtredundante Argumente lesen.

>
>
> Das ist vielmehr ein klassisches
> > Nichtargument. Die Frage ist zunächst: soll es Persönlichkeitsprofile
> > überhaupt geben? Sie wird affirmativ durch die Praxis beantwortet.
> > Jede technische Schnittstelle beinhaltet Personalisierung. Ohne solche
> > Schnittstellen könnten wir nicht, was wir können (zB Unbekannten eine
> > e-mail schicken). Niemand kann sich mit allen technischen Systemen
> > auskennen. In diesem Umfang brauchen wir daher Personalisierung über
> > Schnittstellen. Das System muß wissen, wer ich bin, um zu wissen, was
> > ich nicht weiß und es selbst daher substitutieren muß. Das hat
> > natürlich Grenzen.
> Aber genau diese Grenzen muß das Datenschutzrecht
> > diskutieren und deren Existenz nicht verdunkeln.
>
> Sorry, aber das ist jetzt ein (polemisches) Nichtargument.

Wo fehlt da die Substanz? Wenn ich übrigens polemisch sein will, merkt man das.

>
>
> Das Datenschutzrecht muss hier die Grenzen ziehen und tut dies auch.
>
> >
> > Schafft man zusammen mit der allgemeinen Zweckbindung die
> > Menschenwürde ab? Wohl allenfalls, wenn man den Staat als "Großen
> > Bruder" (!) will
>
> Als was ich den Staat will, duerfte nur von untergeordneter Bedeutung sein.
> Entscheidend ist allein, was der Staat tatsaechlich ist. Wenn man sich damit mal
> auseinandersetzt, dann wird man merken, dass der Staat im Vergleich zum Einzelnen
> tatsaechlich ein grosser Bruder ist. Der Staat hat Moeglichkeiten und Kompetenzen,
> den Einzelnen zu beherrschen. Gerade deshalb hat man ja Grundrechte geschaffen,
> damit sich das Individuum gegen Eingriffe des Staates zur Wehr setzen kann.
>
> Ihr Ansatz geht allerdings ganz stramm in Richtung des Orwellschen Grossen Bruders.

Sie haben von mir nicht viel verstanden.

>
> Ob der nun unmittelbar Staat heisst, oder vom Staat nur nicht abgehalten wird, spielt im
> Ergebnis keine Rolle mehr.
>
> Bei Ihrem Ansatz geht es nur vordergruendig um Datenschutz.

Aha.

> In der Hauptsache ist
> bei Ihnen eine Abkehr von dem derzeitigen Verstaendnis der Grundrechte erkennbar.

Ich weiß nicht genau, was hier jemandem (nicht) erkennbar ist. Dazu müßte ich bereits
wissen, was "das" derzeitige Verständnis der Grundrechte sein soll. Das Internet und die
Informationsgesellschaft bringen eine ganze Menge in Fluß. Ich hatte eigentlich gedacht,
daß die Zeit schon reif wäre für eine grundlegende Diskussion. Wissen Sie, ich definiere
mich nicht in diesen Fragen über Ihre Position. Aber es scheint mir so zu sein, daß Sie
Ihre Position allein als Verneinung meiner Position definieren wollen. Dazu  müßten Sie
erst einmal auf meine Prämissen eingehen. Wenn ich diese Diskussionskultur nicht teile,
dann kann ich mich auch nicht angebliche Konsense beziehen (in Grundrechtsdogmatikfrage
oder wo immer).

>
>
> und seine eigene Menschenwürde ohne staatliche
> > Ausgestaltung für unvollkommen hält.
>
> Ist es schon eine Ausgestaltung, wenn man der Meinung ist, dass der Staat sich
> schuetzend vor seine Buerger stellen soll?
>
> Das was Sie propagieren erscheint mir viel eher eine Ausgestaltung zu sein.

Wenn die USA im Rahmen von "nationaler Sicherheit" sich "schützend vor seine Bürger"
stellen, dann ist das schlecht. Wenn der deutsche Staat den Bürger vor sich selbst schützt,
dann ist das gut. Die Welt ist nicht schwarz und weiß. Ich propagiere überhaupt nichts,
außer gedankliche Offenheit. Die liegt hier im Argen.

>
>
> MfG

Thomas Riedel




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