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Re: Hohmann und Internet



On Thu, 13 Nov 2003 22:57:47 +0100, Florian Weimer <fw@deneb.enyo.de>
wrote:

>Angenommen, Du glaubst aus irgendwelchen Gründen, Deutschland sei auf
>ein Nationalgefühl angewiesen. Wie, wenn nicht so, willst Du es
>begründen?

Wenn man darunter eine kulturelle Identität versteht, so täte es
sicher manchen Rechten gut, sich mit 'deutschem Denken' der letzten
paar hundert Jahre zu befassen. Das kann ihnen nut gut tun.

Wenn darunter 'Nationalstolz' zu verstehen wäre, hat Herr Arthur S.
dazu schon das wesentliche gesagt [mit 'Demokraten' meint er wohl eher
die Burschenschafter u.ä.]:

zit>>

Demnach ist Stolz die von /innen/ ausgehende, folglich direkte
Hochschaetzung seiner selbst; hingegen Eitelkeit das Streben,
solche von /aussen/ her, also indirekt zu erlangen. 
[...]
Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz.
Denn er verraeth in dem damit Behafteten den Mangel an
/individuellen/ Eigenschaften, auf die er stolz seyn koennte,
indem er sonst nicht zu Dem greifen wuerde, was er mit so
vielen Millionen theilt. Wer bedeutende persoenliche Vorzuege
besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er
sie bestaendig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber
jeder erbaemliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er
stolz seyn koennte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation,
der er gerade angehoert, stolz zu seyn: hieran erholt er sich und
ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Thorheiten, die ihr
eigen sind, /mit Haenden und Fuessen/ zu vertheidigen.
[...]
Die Deutschen sind frei von Nationalstolz [*huestel*] und legen
hiedurch einen Beweis der ihnen nachgeruehmten Ehrlichkeit
ab; vom Gegentheil aber Die unter ihnen, welche solchen
vorgeben und laecherlicherweise affektieren; wie Dies zumeist
die "deutschen Brueder" und Demokraten thun, die dem Volke
schmeicheln, um es zu verfuehren. Es heisst zwar, die Deutschen
haetten das Pulver erfunden: ich kann jedoch dieser Meinung
nicht beitreten. Und Lichtenberg fraegt: "warum giebt sich nicht
leicht jemand, der es nicht ist, fuer einen Deutschen aus, sondern
gemeiniglich, wenn er sich fuer etwas ausgeben will, fuer einen
Franzosen oder Englaender?" Uebrigens ueberwiegt die
Individualitaet bei Weitem die Nationalitaet, und in einem
gegebenen Menschen verdient jene tausend Mal mehr
Beruecksichtigung, als diese.

<<zit - aus 
SCHOPENHAUER "Aphorismen zur Lebensweisheit", S. 74ff



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