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Re: [FYI] eCommerce unterschaetzt



On Tue, Jun 15, 1999 at 07:06:58PM +0200, Wau Holland wrote:
> On Tue, Jun 15, 1999 at 08:51:21AM +0200, Holger Veit wrote:
> ...
> > Es geht schon lange nicht mehr um Tante Emma. Tante Emma ist laengst tot.
> > Amazon konkurriert nicht mit dem Minibuchladen an der Ecke, sondern mit
> > den grossen Buchhandelsketten. Die beziehen ihre Waren ebenso direkt
> > bei den Verlagsdepots, und zwar in riesigen Mengen zu Konditionen, an die 
> > kein Einzelhaendler auch nur im Traum zu denken wag. Andere Handelsketten, 
> 
> Dazu gehoert die Begrenzung auf ein Bestseller-Sortiment und sonst nix.

Ich spreche nicht vom Deutschen Buecherbund und Bertelsmanns Buchklub!

> Allgemeiner Haendler-Spruch:
> 10% des Lagers sind Renner und machen 90% vom Umsatz, 90% des Lagers
> machen mehr als 90% der Kosten.

Gilt auch fuer den Minibuchladen (wenn es nicht gerade Sparten-Buchlaeden
sind). Relevant ist beim Buchhaendler das Verzeichnis Lieferbarer Buecher.
Das ist effektiv die Lagerliste der Buechergrossisten. Im Zweifelsfall kann
sich auch Amazon und Co. da bedienen. Das VLB ist allerdings genausowenig
komplett (du wirst sagen: "aber kompletter") wie Amazons Datenbank. Wenn ich
hierzulande nach einem Fachbuch suche, dann kommt es schon sehr oft vor, dass
es in keinem Index eines Buchhaendlers zu finden ist - bei Amazon ist es 
aber...

> Beispiel aus eigener Erfahrung:
> Hackerbibel Teil 1, Vertrieb nicht nur durch "Miniverlag" Gruene Kraft,
> sondern bei 2001. Konditionen da: 50% Rabatt plus 3% Skonto.
> Ein Buchhaendler bekommt 30%.
> Das war vor mehr als zehn Jahren.

Zweitausendeins ist mittlerweile zu einem CD-Verramscher mit pseudoalternativem
Anstrich verkommen.

> > Paradebeispiele Aldi oder Ikea, lassen selbst produzieren. eCommerce 
> 
> Das Sortiment ist entsprechend beschraenkt.
> Paradebeispiel: der Baecker und das Brot aus einer Ladenkette.

Der Vergleich hinkt. Weder beim Baecker an der Ecke noch bei der Ladenkette
bekomme ich eine beliebige Auswahl. Der Produktionsort (hier Hinterstube,
dort Fabrik) ist unterschiedlich; allerdings macht sich auch beim Baecker-
handwerk mittlerweile immer mehr der Rueckgriff auf fertige Backmischungen
breit. Dann ist das Ganze lediglich nur mehr eine Frage der Groesse der
Ruehrschuesseln.

[...]
> Buecher sind "geistige" Lebensmittel.
> Bestseller- oder Fliessbandautoren verwenden aehnliche
> "Recyclingmethoden": Ich, Du, Er, Sie, Es, Wir, Ihr, Sie - neue Folge.

Wenn's der Stephen-King-Konsument denn verdauen mag? Eigentlich sein Problem.

> > schaltet den Zwischenhandel aus. Die Bestellung via Webseite ist nicht 
> > sonderlich unterschiedlich zum Katalogeinkauf bei Necker- oder Bertelsmann,
> > lediglich der Weg der Bestellung (Brief, Telefax, Telefon) wurde gegen ein
> > Webformular ersetzt.
> 
> Das "lediglich" hat einen Haken, denn bei einem Buchhaendler bekomme
> ich (fast) _jedes_ lieferbare Buch deutscher Verlage.
> 
> Wer bei den "grossen Versendern" mal schaut, wieviel der rund 100
> derzeit lieferbaren Buecher von Werner Pieper, Verlag Gruene Kraft,
> im Angebot sind, wird staunen: Null bis zehn waren es bei meiner
> letzten Durchsicht; u.a. sein Copyright-Buch ist _nicht_ dabei.

Hast Du das Experiment mal gemacht, ein solches "seltenes" VLB-Buch zu ordern?
Ich habe schon mehrmals die Erfahrung machen muessen, dass die Beschaffung
eines "lieferbaren" Buches doch auf gewisse Schwierigkeiten gestossen ist -
teils bei Neuerscheinungen, die dann doch nicht erschienen waren, aber
trotzdem in der Liste standen, teils bei aelteren Werken, bei denen wohl
just beim Ordern gerade das letzte Buch im Lager ausgegangen sein muss.
Konkret: auch eine Direktleitung zur VLB-Datenbank verhindert keine
Karteileichen im Datenbestand.

> Diese Verflachung des Angebots wird zunehmen durch e-Commerce und das
> ist bereits jetzt zu beobachten - man muss nur hinschauen.

Die Verflachung fand bereits zu Neckermanns und Quelles Zeiten der
postalischen Bestellung statt. Die Verflachung war auch schon bei
Tante Emma der Fall, die die Bonbons aus der Werbung nicht vorraetig
hatte. Auch Tante Emma kaufte schon bei der Metro ein.

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