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Re: [FYI] eCommerce unterschaetzt



On Tue, Jun 15, 1999 at 08:51:21AM +0200, Holger Veit wrote:
...
> Es geht schon lange nicht mehr um Tante Emma. Tante Emma ist laengst tot.
> Amazon konkurriert nicht mit dem Minibuchladen an der Ecke, sondern mit
> den grossen Buchhandelsketten. Die beziehen ihre Waren ebenso direkt
> bei den Verlagsdepots, und zwar in riesigen Mengen zu Konditionen, an die 
> kein Einzelhaendler auch nur im Traum zu denken wag. Andere Handelsketten, 

Dazu gehoert die Begrenzung auf ein Bestseller-Sortiment und sonst nix.
Allgemeiner Haendler-Spruch:
10% des Lagers sind Renner und machen 90% vom Umsatz, 90% des Lagers
machen mehr als 90% der Kosten.

Beispiel aus eigener Erfahrung:
Hackerbibel Teil 1, Vertrieb nicht nur durch "Miniverlag" Gruene Kraft,
sondern bei 2001. Konditionen da: 50% Rabatt plus 3% Skonto.
Ein Buchhaendler bekommt 30%.
Das war vor mehr als zehn Jahren.

> Paradebeispiele Aldi oder Ikea, lassen selbst produzieren. eCommerce 

Das Sortiment ist entsprechend beschraenkt.
Paradebeispiel: der Baecker und das Brot aus einer Ladenkette.

---schnippp---
FR 14.6., Umwelt und Wissenschaft:

TU Berlin - Umweltfreundliches Recycling von Brot

Frisches Brot...ist fuer Kunden eine Selbstverstaendlichkeit.
Um diese Qualitaet zu gewaehrleisten (Anm: um Profitminderung
durch verbilligten Verkauf von Brot von gestern zu vermeiden),
muss etwa jedes zehnte Brot vor Ablauf der Mindesthaltbarkeit
aus den Regalen zurueckgenommen werden. Dieses "Rueckbrot" wird
i.a. zu Futtermitteln verarbeitet. Die Baeckereien erzielen damit
einen Erloes, der weit unter dem Rohstoffpreis fuer Mehl liegt.
Abhilfe verspricht ... Prof. Meuser ... Brot ... vollstaendig
verwertet. ... Stoffe anschliessend im Backbetrieb wieder
eingesetzt. ...
---schnappp---

Buecher sind "geistige" Lebensmittel.
Bestseller- oder Fliessbandautoren verwenden aehnliche
"Recyclingmethoden": Ich, Du, Er, Sie, Es, Wir, Ihr, Sie - neue Folge.

> schaltet den Zwischenhandel aus. Die Bestellung via Webseite ist nicht 
> sonderlich unterschiedlich zum Katalogeinkauf bei Necker- oder Bertelsmann,
> lediglich der Weg der Bestellung (Brief, Telefax, Telefon) wurde gegen ein
> Webformular ersetzt.

Das "lediglich" hat einen Haken, denn bei einem Buchhaendler bekomme
ich (fast) _jedes_ lieferbare Buch deutscher Verlage.

Wer bei den "grossen Versendern" mal schaut, wieviel der rund 100
derzeit lieferbaren Buecher von Werner Pieper, Verlag Gruene Kraft,
im Angebot sind, wird staunen: Null bis zehn waren es bei meiner
letzten Durchsicht; u.a. sein Copyright-Buch ist _nicht_ dabei.

Diese Verflachung des Angebots wird zunehmen durch e-Commerce und das
ist bereits jetzt zu beobachten - man muss nur hinschauen.

Und das Thema Arbeitsplaetze sehe ich weit radikaler: bereits um 1980
schrieb ich in einem Artikel, der in der taz und Graswurzelrevolution
gedruckt wurde, von den "Restarbeitsplaetzen", die durch die
Automatisierung uebrig bleiben wuerden, weil man Blumenkohl noch
nicht mit Strichcode produzieren koenne. Aber der Artikel war
"zu alt", um noch auf die beiden taz-CDs zu kommen...

Spaeter formulierte ich etwas radikaler, dass die Automation die
Arbeiterklasse abgeschafft hat und dass dieser Paradigmenwechsel
von den "Vertreter" der absterbenden Klasse nicht gesehen wird.

Es geht nicht um den "Wegfall" eines Teils von Arbeitsplaetzen,
sondern um - netto gerechnet - ein paar "Restarbeitsplaetze".

wau