[Date Prev][Date Next][Thread Prev][Thread Next][Date Index][Thread Index]

Re: Datenschutz -- bitte um Beispiele!



>
>
> Also, bitte gebe uns, die sich nicht so gut mit dem Datenschutz auskennen
> wie Du, doch einfach verständliche Beispiele nach obigem Muster. Und
> damit wir Dich alle verstehen, je zwei für Regelungen die Du befürwortest
> und zwei für Regelungen die Du ablehnst.

Bitte:

§ 1: Die Verwendung von personenbezogenen Daten ist erlaubt, es sei denn, ein
begründetes Interesse spricht im Einzelfall dagegen.

§ 2: Ein begründetes Interesse ist nur gegeben

a. in Fällen, in denen die Voraussetzungen eines Grundrechtsverzichts fehlen
oder

b. in Fällen, in denen nachhaltige staatliche oder wirtschaftliche
Machtpositionen ihre Nachhaltigkeit gerade aus der Verwendung
personenbezogener Daten beziehen und kein öffentliches Interesse die
Verwendung rechtfertigt.


Zu § 1: bedeutet Ablehnung von Zweckbindung, weil dort das Problem besteht,
wem man die Befugnis zur Zweckbindung zubilligt. Das Individuum wird
zunehmend für zu dumm oder korrupt gehalten, weil es sonst sein
Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht verkaufen würde, zB in der Form von
personalisierten Produkten oder Dienstleistungen.

Wenn aber die Zweckbindung ohnehin durch jemand anders als das Individuum
ausgeübt wird, widerspricht es seinen eigenen Prämissen (Autonomieschutz).
Daher bleibt nur ein Argument für die rechtliche Grenze, die allgemein durch
die Prinzipien des Grundrechtsverzichts gezogen werden. Die sind hier
ziemlich weit, zumal auch das Direktmarketingunternehmen eigene Grundrechte
hat. Außerdem hat auch das Individuum ein Kommunikationsrecht, die Reichweite
der Verwendung "seiner" Daten weiter als nach der Vorstellung des
Gesetzgebers oder als unbegrenzt zu bestimmen.

Zu § 2 b: wichtig ist die Nachhaltigkeit oder "Vermachtung". Denn wenn man
allgemein "Informationsungleichgewichte" ausreichen lassen würde, würde man
sich selbst täuschen. Denn Information besteht immer in dem Zustand eines
Informationsungleichgewichts, den sie ausgleicht und so einen anderen Zustand
herbeiführt, der seinerseits ein Informationsungleichgweicht darstellt und -
sehr vorläufig und nie vollständig - "ausgeglichen" werden will. Etcetcetc.
Es gibt nun in der Wirtschaft in der Tat solche Vermachtungsgefahren. Aber
sie entstehen paradoxerweise gerade in der Konsequenz der Ausgestaltung des
Datenschutzes als eine Zweckbindung, die sich immer weiter radikalisiert im
Laufe der technisch-wirtschaftlichen Entwicklung. Alle großen Unternehmen
haben data warehouses. Dort sind Kundendaten akkumuliert und streng
abgeschirmt gegenüber den übrigen Konzernunternehmen. Diese brauchen auch gar
keine Kenntnis zu haben vom Kundenprofil von Herrn X. Sie wollen nur sehr
präzise Bedarfsprofile für alle sachlichen, zeitlichen und lokalen Märkte.
Dies müssen in den Untergliederungen des Konzerns nicht persönlich zuordbar
sein. Aber irgendwo im Unternehmen muß diese Zuordnung stets möglich sein,
weil diese Stelle die zentrale Kordinierungsstelle für den gesamten Konzern
ist. Diese Stelle muß deswegen auch wirtschaftlich integriert sein in den
Konzern, was offensichtlich notwendig ist. KMUs ist so eine
Koordinierungstelle nur dann möglich, wenn sie an das Gute in der Konkurrenz
glauben, aber das widerspricht den Grundlagen des Wettbewerbs. Ob die
Koordinierungstelle also von den tatsächlichen Daten ausgeht, sie richtig
bewertet, kann nur innerhalb wirtschaftlicher Integration beurteilt werden.
Dh daß entlang der Zweckbindung wirtschaftliche Konzentrationsprozesse
nachhaltiger Art ablaufen. Das bedeutet auch, daß der Kunde für "seine" Daten
nur das bekommt, was ihm der auf diese Weise gestörte Markt dafür gibt. Das
soll dann "Datensparsamkeit" sein. Die Zweckbindung steht auf dem Papier,
aber die Konzerne können für jede Kleinigkeit eine Zweckbestimmung durch den
Kunden einfordern und so das Prinzip der Zweckbindung formal beachten. Denn
sie bestimmen ja durch vertikale und horizontale Integration darüber, was
eine einzelne Dienstleistung oder ein einzelnes Produkt ist, das einen
"Zweck" hergibt.

>
> Grüsse,

Thomas Riedel



-- 
To unsubscribe, e-mail: debate-unsubscribe@lists.fitug.de
For additional commands, e-mail: debate-help@lists.fitug.de