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Re: BGH-Entscheidung: T-Online darf Verbindungsdaten nicht mehr speichern



* Holger Voss:

> Ein Staat kann nur dann demokratisch sein, wenn er für die Menschen
> durchschaubar/transparent ist.

Die demokratischen Institutionen werden aber von Menschen getragen,
mit ihren ganz konkreten Bedürfnissen.

Mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist z.B. nicht
vereinbar, daß das Abstimmungsverhalten eines Bundestagsabgeordneten
veröffentlicht wird (sofern die Abstimmungen nicht geheim erfolgen),
oder auch solch profane Dinge wie die bloße Anwesenheit bei Debatten.

Für eine Parteiendemokratie wie die Bundesrepublik mag das keine Rolle
spielen, aber zum Funktionieren der vom Grundgesetz vorgegebenen
repräsentativen Demokratie scheinen diese Daten unerläßlich zu sein.

> Umgekehrt aber kann ein Staat niemals demokratisch sein, wenn die
> Menschen, die in ihm leben, für den Staat durchschaubar/transparent
> sind. - Ein solches System müsste als Überwachungsstaat oder
> totalitärer Staat bezeichnet werden.

Nein, wieso?

Wir bewegen uns seit den Sechzigern langsam auf eine offene
Gesellschaft zu, in der der die informationelle Selbstbestimmung
bedeutungslos wird. Viele Dinge (z.B. sexuelle Neigungen) haben heute
längst nicht mehr den Schutzbedarf von früher, weil es schlicht
niemanden *interessiert*; es ist keine sozial relevante Information
mehr. Und die, die es interessiert (z.B. die eigene Ehefrau), haben
auch einen Anspruch darauf, diese Dinge zu erfahren. Das, was vom
Datenschutz danach übrig bleibt, ist Minderheitenschutz --
wirtschaftlich relevante Information, die aus ethischen Überlegungen
heraus nicht verwertet werden darf.

Natürlich sind die individuellen Freiheitsrechte für eine Demokratie
unabdingbar. Aber es ist utopisch, diese Rechte dadurch stärken zu
wollen, daß "der Staat" dem Bürger einen Geheimbereich zugesteht.
Das verkennt, daß die meisten Verletzungen entweder aus knallharten
wirtschaftlichen Interessen (und damit meine ich nicht Direktmarketing)
erfolgen, oder durch das persönliche Umfeld des Betroffenen. Gegen
beides, Geheimbereich hin oder her, hat der einzelne keine Handhabe.

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