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Re: Berufung Voss ./. T-Online (Vorratsspeicherung), Termin fuerEntscheidungsverkuendung



Holger Voss wrote:

> Gerhard Bahr schrieb/wrote (07.02.2006 01:52):
> 
>> Die Information, die sich aus der Existenz einer dynamisch vergebenen
>> IP-Nummer gewinnen lässt, lässt aber keine Rückschlüsse auf das
>> Bestehen, die Art oder die Inhalte einer Kommunikationsverbindung zu.
> 
> Die IP-Adresse _ist_ unter anderem _Inhalt_ jeder Kommunikation über IP.
> Das unterscheidet sie z. B. von Briefzustellung oder Telefonie.

Wie gesagt: Die Existenz einer IP-Nummer lässt keinen Rückschluss auf
das Bestehen, die Art oder den Inhalt einer Kommunikationsverbindung zu.
Sofern Du die IP-Nummer hast, aber nicht nutzt, gibt es keine
Kommunikation, über die die IP-Nummer auch das geringste verraten
könnte. Die Zuordnung einer IP-Nummer zu einer Person sagt zunächst gar
nichts im Hinblick auf Kommunikation und mag vielleicht ein
statistisches oder administratives Datum sein. Erst wenn diese Nummer im
Rahmen einer Kommunikationsverbindung genutzt wird, kann über die
IP-Nummer eine beobachtete Kommunikation einer bestimmten Person
zugeordnet werden. Das ist wie beim Brief, der einen Absendervermerk
tragen muss, damit eine bidirektionale Kommunikation möglich wird. Der
Briefumschlag, der bei Dir zu Hause auf dem Nachttisch liegt, lässt auch
keinen Rückschluss auf Adressat oder Inhalt zu. Erst durch das
Schreiben, Adressieren, Frankieren und Abschicken wird aus der leeren
Hülle Kommunikation. Dennoch hältst Du einen Briefkasten mit Deinem
Namen vor, für den Fall, dass auch etwas zurückkommen sollte. Das
Postgeheimnis ist dabei noch völlig intakt. Wenn die Kommunikation
anonymisiert werden soll, müssen also zusätzliche oder andere Maßnahmen
ergriffen werden.

> Genau das ist ja der Grund, warum die hier diskutierte Zuordnung
> dynamischer IPs zu Personen so sensibel ist: Wenn ich über IP
> kommuniziere, teile ich meinem Gegenüber immer meine IP mit, auch wenn
> ich das gar nicht will.

Damit leben wir im Brief- und Telefonbereich seit Jahrzehnten. Das ist
auch der Grund, aus dem z. B. Erpresser schon immer einen erheblichen
Aufwand treiben mussten, um ihre Forderung ohne Möglichkeit der
Rückverfolgbarkeit an den Adressaten zu bringen, dies umso mehr, wenn
auch die Kommunikation in Gegenrichtigung stattfinden sollte. Ich
verstehe nicht, warum im Internet alles anders sein soll. Dass wir uns
daran gewöhnt haben, dass das Internet scheinbare Anonymität bietet und
Dinge getan werden, die sonst nur mit erheblich größerem Aufwand
bewerkstelligt werden könnten, ist keine hinreichende Begründung für ein
Speicherungsverbot der Paarung Person/IP-Nummer.

Wenn das Fernmeldegeheimnis gewahrt werden soll, muss, da IP-Nummern
grundsätzlich - zumindest unter bestimmten, vom Verwender nicht
kontrollierbaren Voraussetzungen - Personen zugeordnet werden können,
das Speichern von IP-Nummern an sich verboten werden, so wie die Post
(hoffentlich) auch nicht speichern darf, welcher Absender welchem
Adressaten einen Brief geschickt hat. - Dies ist, so weit ich weiß, z.
B. bei elektronischer Frankatur problematisch, da hier eine
Absender-Empfänger-Paarung in die Freimachung kodiert war oder ist.

Du kannst aber nicht erwarten, dass der Briefzusteller nach jedem
Briefeinwurf vergisst, wem der Briefkasten gehört oder gar, wo sich der
Briefkasten überhaupt befindet.

Entschuldige bitte die monotone Analogie. Sie soll nur zeigen, dass wir
beim Internet nicht vor einem völlig neuen Problem stehen und dieses
Problem in anderen Bereichen seit langem existiert und dort offenbar ein
akzeptabler modus vivendi gefunden worden ist. In der Zielrichtung gebe
ich Dir uneingeschränkt recht. Ich bin auch gegen jede unkontrollierte,
nicht betriebsnotwendige oder gar bevorratende Datenspeicherung. Aber
bei dem Punkt "dynamische IP-Nummern" liegst Du, glaube ich, nicht
richtig, so schön es zuweilen wäre, wenn man so einfach anonym
kommunizieren könnte.

Viele Grüße

Gerhard


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