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Re: Datenschutz -- bitte um Beispiele!





Thomas Roessler schrieb:

> On 2002-11-13 12:09:22 +0100, Thomas Riedel wrote:
>
> >>Informationelle /Selbstbestimmung/ enthält schon im Wortsinn,
> >>daß es meine Sache ist, wem ich meine Daten gebe - oder auch
> >>nicht.
>
> >Das ist einfach falsch. Was die informationelle Selbstbestimmung
> >ist oder nicht ist, ist nicht mit der falschen Gleichsetzung von
> >informationeller Selbstbestimmung mit Datenschutz und des
> >Datenschutzes mit Zweckbindung beschrieben.
>
> [...]
>
> >s.o. Wenn man nicht weiß, was Autonomie ist (jedenfalls nicht die
> >Verneinung von Autonomie durch Überlassen ihrer Ausübung an den
> >Staat im Datenschutzrecht), kann man nicht schlüssig über "sein
> >informationelles Selbstbestimmungsrecht" reden.
>
> Versuchst Du, zu sagen, daß /niemand/ weiß, was Autonomie in diesem
> spe ziellen Kontext ist?  Oder versäumst Du es nur, uns Dein
> besonderes Wissen darüber mitzuteilen? ;-)

Das Datenschutzrecht, wie es heute gilt, leugnet das Subjekt mit
vulgärsystemtheoretischen Argumenten, (Gutes Gegenmittel: Oliver Lepsius,
Steuerungsdiskussion, Systemtheorie und Parlamentarismuskritik, Tübingen
(Mohr Siebeck) 1999; sehr kurz, 88 S.) die auch ein Donnerhacke nach einiger
Zeit durchschauen würde. Wenn man das Subjekt nicht so extrem leugnet -
intersubjektive Argumente lehne ich nicht absolut ab -, bleibt genügend Raum
für Analysen der Kommunikationsbedingungen, die individuelle Autonomie
ermöglichen. Das geltende Datenschutzrecht klammert jede Autonomie zusammen
mit dem Subjekt aus. Ich habe eine eigene Theorie, aber es geht mir hier nur
darum, herrschende Weisheiten kritisch zu beleuchten oder in einen Diskurs
einzutreten, in dem man es sich nicht so einfach macht, einfach das
scheinbare Gegenteil von meinen Thesen zu behaupten.

>
>
> On 2002-11-13 13:02:42 +0100, Thomas Riedel wrote:
>
> >"Ich bin ein Geländer - fasse, wer mich fassen kann. (Deine)
> >Krücke bin ich nicht."
>
> Das ist keine Entschuldigung für schwer verständliche Kommentare...
>
> >>mit dem man durchaus bezahlen können soll.  Wenn Yahoo mir
> >>Nachrichten gegen mein Nutzerprofil anbietet, dann ist das fein.
> >>Wenn ich denen meine Daten nicht geben möchte, kann ich ja die
> >>Nachrichten auch anderswo für Geld einkaufen.
>
> >Daher: ich habe keinen Anlaß, etwas für Geld zu kaufen, was selbst - der
> >Informationsgesellschaft angemesseneres - Geld ist.
>
> Non sequitur.  "Wir verkaufen Ihnen USD 150." (Wobei mir die
> Unterscheidung zwischen einem "Kauf" und einem "Währungsumtausch" in
> diesem Zusammenhang schnuppe sein kann.)

Diese Replik mußte ja kommen. Inwieweit wäre denn diese Ausnahme
verallgemeinerungsfähig und inwiefern bestätigt sie nur meine Regel?

>
>
> >>unterliegen - genauer: Dem Vertrag zwischen Datensubjekt und
> >>Datennutzer.  Rechtliche Regeln, die eine freie Weitergabe
> >>"erzwingen" wären schädlich, da sie zu einer zwangsweisen
> >>Entwertung der "Währung"
>
> >Ich glaube, hier liegt das Verständnisproblem. Du solltest
> >versuchen, mich wörtlich zu nehmen. Wenn ich "Geld" sage, meine
> >ich das iSv "Währung" und nicht iSv "Wirtschaftsgut". Eine Währung
> >ist ein Wirtschaftsgut ausschließlich in einer Tauschwirtschaft.
> >Das scheint in der Tat folgerichtig Deine Auffassung zu sein. Eine
> >Art datenschutzrechtlicher Urzustand der Harmonie.
>
> Vielleicht liegt das Verständnisproblem darin, daß mir nicht klar
> ist, /was/ /genau/ Du unter "Währung" verstehst, und was genau Du
> damit assoziierst.  Daten im allgemeinen (Thomas Riedels Profil =
> 100€, Thomas Roesslers Profil = 50€ - oder umgekehrt), oder
> spezifische Daten (Thomas Riedel = Yen, Thomas Roessler = Euro)?

Was ist Geld? Geld ist drei Dinge: 1. Wertspeicherung, 2. Wertübertragung,
3. Wertzurechnung.
Auf die Form kommt es überhaupt nicht an, dh ob als Geldschein, als
Schuldverschreibung oder sonstwie. Dass in der Informationsgesellschaft Geld
interessante neue Formen ausbilden wird oder schon ausgebildet hat, ist
jedenfalls recht naheliegend.

Wenn neue Wertschöpfungsketten möglich werden, kann man das nur mit neuen
Wertzurechnungen nachvollziehen, nicht mit Wirtschaftsgütern innerhalb alter
- oder noch schlimmer: staatlich antizipierter - Wertschöpfungsketten.

Das ist außerhalb Deutschlands die zentrale Diskussion. Kundendaten sind
wesentlich für Wettbewerbsfähigkeit. Es liegt hier auch nicht daran, daß man
das nicht sagen dürfte. Es ist die eigene Feigheit, man könnte als
Unruhestifter dastehen, wenn die eingeführte Sprachregelung mißachtet wird.
Das muß jeder mit sich selbst ausmachen, eine Ausrede, seine Vernunft nicht
zu gebrauchen, gibt es niemals.

>
>
>
> Darf ich die "Milchmädchenrechnung" zurückgeben?  Daten bekommen
> auch dadurch Wert, daß ich sie an andere weitergeben kann.  Wie
> wäre es zum Beispiel mit dem Verkauf von Kundendaten an
> nicht-Wettbewerber?  (Beispiel: Domain-Registrar an Webhoster?)

Das habe ich ja gerade berücksichtigt, als ich sagte, daß es
volkswirtschaftlich in der Regel sinnvoll ist, Daten frei weiterzugeben. Nur
subjektiv und zwischen Wettbewerbern gibt es einen Anlaß, sich Monopole zu
verschaffen, die der volkswirtschaftlichen Analyse widersprechen.

>
>
> >Ich habe menschlich viel Sympathie für ein derart romantisch
> >idealisiertes Datenschutzwunschbild.
>
> Du weißt, was ein Modell ist?

Soweit diese Frage nicht rhetorisch gemeint sein sollte, bringt sie mein
Problem mit dem geltenden Datenschutzrecht zum Ausdruck: es gibt dort keine
Modelle, nur Dogmen. "Datenschutz ist Wettbewerbsvorteil". Das ist kein
Modell, das ist eine recht kühne Behauptung, für die es gerade keine
empirische Evidenz oder theoretische Schlüssigkeit gibt. Ein Modell ist
offen für Empirie und Theorie. Ich würde mich freuen, mal einem zu begegnen.

Grüsse,

Thomas Riedel

>
>
> --
> Thomas Roessler                        <roessler@does-not-exist.org>




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